Lokalkoloratur

Statt um die Gunst seiner Parteikollegen zu balzen, plustert sich Bürgermeister Henning Voscherau drohend zu doppelter Größe auf. Ob er SPD-Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahlen im September 1997 werde, wüßte er noch nicht, trotzte er in einem NDR-Gespräch. Das hinge von den Genossen ab. Soll heißen: Wenn die nicht so wollen, wie er will... Die Rot-Grün-Fans seiner Partei dürfen dies getrost als Kampfansage ihres zur Parteirechten zählenden Häuptlings auffassen. Schon auf dem Parteitag vom vergangenen Wochenende hatte er in einer kryptischen Rede die gleiche Warnung ausgestoßen. Wohl wissend, daß es keine überzeugende Alternative zum ihm und seiner Popularität gibt, wird der politische Erpressungsversuch sicher nicht ohne Wirkung bleiben. Außerdem zeugen die bürgermeisterlichen Äußerungen auch von einer gewissen Sportlichkeit: Der echte Polit-Profi weiß, daß Demokratie kein Wetteifern der Argumente ist, sondern aus mächtigem Kräftemessen besteht. Im spannungsgeladenen Boxkampf mit den linken Genossen könnte Voscherau dieser oft zu unrecht gering geschätzten Sportart zu neuem Glanz verhelfen. Und zum Sportler des Jahres gewählt werden. WählerInnen, die dem Schlagabtausch intellektuell nicht folgen können, haben auch die Wahl. Mit einem Kreuzchen bei einer anderen Partei. sim