„Saddam will ganz Kurdistan“

■ Hamid al-Bayati, Repräsentant des „Obersten Rates für die islamische Revolution im Irak“ in London, zur irakischen Aggression

Hamid al-Bayati ist Mitglied des Exekutionsausschusses des „Irakischen Nationalkongresses“ (INC), eines Oppositionsbündnisses aus Sunniten, Kurden und Schiiten, Kommunisten, Islamisten, arabischen Nationalisten und westlich orientierten Demokraten.

taz: Wer hat Schuld an dem irakischen Angriff?

Hamid al-Bayati: Saddam Hussein persönlich.

Aber Seite an Seite mit den irakischen Truppen kämpfen kurdische Peshmerga der KDP.

Das irakische Regime behauptet, die KDP habe seine Truppen angefordert. Ich glaube, daß das irakische Regime die KDP durch Versprechen zu dem Einverständis bewegt hat, gemeinsam gegen Talabanis PUK zu kämpfen.

Was für Versprechen?

Finanzielle Hilfe und Waffen.

Was bedeutet dieser Einmarsch für den INC? Der INC hat sein Hauptquartier in Kurdistan.

Unsere Leute haben sich aus Arbil abgesetzt. Sie versuchen eine Begegnung mit den irakischen Truppen zu vermeiden. Die Situation ist sehr gefährlich für uns.

Die KDP ist Mitglied des INC. Was bedeutet ihre Kooperation mit irakischen Truppen für das Oppositionsbündnis?

Wir haben das noch nicht diskutiert. Alles hängt davon ab, wie die KDP ihr Vorgehen erklärt.

Können Sie sich die Zusammenarbeit der KDP mit dem Regime gegen eine andere Oppositionsgruppe, die PUK, erklären?

Nein. Es gibt keine akzeptable Entschuldigung für die Kooperation mit dem irakischen Regime.

Welche Rolle spielt die US-Regierung dabei? Könnte es ein stilles Einverständnis Washingtons mit der irakischen Führung geben, um den Einfluß Teherans im Nordirak zurückzudrängen? Der Iran unterstützt derzeit die PUK.

Saddams Timing ist sehr peinlich für Bill Clinton. Der Einmarsch trifft ihn mitten im Wahlkampf. Aber ich glaube nicht an eine Absprache, denn es gibt keinen wirklich ernsthaften iranischen Einfluß im Nordirak.

Werden die irakischen Truppen wieder abziehen?

Nein. Saddam Hussein will ganz Irakisch-Kurdistan, er will wieder den gesamten Irak kontrollieren. Die einzige Möglichkeit, ihn zum Rückzug zu zwingen, ist ein entschiedener Schlag der USA. Interview: Thomas Dreger