■ Cash & Crash
: Verdoppeln in Ungarn

Berlin (taz) – Haben Sie viel Geld übrig? Dann schaffen Sie's nach Budapest. Das empfehlen zumindest Börsenmakler, die das internationale Parkett genauer beobachten. Die Börse in der ungarischen Hauptstadt gilt ihnen als der neue Geheimtip. Seit Jahresbeginn sind die Kurse der wichtigsten Aktien dort rapide gestiegen. Der Budapester Aktienindex Bux erreichte 3.350 Punkte, doppelt so hoch wie Ende 1995. Wer also zu Jahresbeginn investiert hatte, hat seinen Einsatz bereits im Sommer verdoppelt.

Auch die anderen osteuropäischen Börsen boomen. Doch das Interesse der Börsianer konzentriert sich vor allem auf Ungarn, weil die Voraussetzungen für sichere Gewinne dort besonders gut zu sein scheinen. Die Wirtschaft in Ungarn wächst zwar nur um ein bis zwei Prozent, aber die Inflation geht deutlich zurück – auf rund zwanzig Prozent. Und die Sparquote ist hoch genug für die erfolgreiche Privatisierung zahlreicher Staatskonzerne. Ausländische Investoren finden das liberale Land mit den gut ausgebildeten Fachkräften immer attraktiver.

Vor allem die ungarische Pharma- und Chemieindustrie zieht das Interesse der weltweiten Anleger auf sich. Pharmakonzerne wie Egis, Richter Gedeon oder der kürzlich privatisierte Chemie- und Pharmakonzern TVK können auf steigende Gewinne und glänzende Aussichten verweisen. Die ungarischen Exporte sind allein 1995 um 25 Prozent gestiegen – in Dollar gerechnet.

Besonders attraktiv für Spekulanten: Die ungarischen Aktien sind trotz des Erfolgs immer noch einfach billig. Barings in London rechnet vor, daß die Dividende von Aktien in Budapest auch nach einem halben Jahr Hausse noch bei stolzen 12 Prozent liegt, für Deutschland rechnen die britischen Investmentexperten mit gerade mal fünf Prozent.

Anleger prophezeihen den ungarischen Aktien so auch weitere Kursgewinne. Das Wall Street Journal spekulierte gar, die Aktienmärkte in Ungarn und Tschechien könnten sich ähnlich entwickeln wie die in Südostasien Anfang der neunziger Jahre. Dort waren die Kurse von 1989 bis 1993 um 350 Prozent gestiegen. Schon heute wachse die Wirtschaft in Osteuropa deutlich schneller als etwa in Lateinamerika. In Chile und den südostasiatischen Industrienationen Malaysia, Indonesien und Taiwan seien die zu erwartenden Dividenden kaum mehr höher als in Deutschland oder den USA.

Erwerben kann man die ungarischen Aktien auch in Deutschland. Die Bayrische Börse in München führt seit Ende 1994 ungarische Werte im Freiverkehr – zu kaufen bei der eigenen Hausbank. 1996 gingen in München schon ungarische Titel für rund 370 Millionen Mark über die Theke. Und auch in Berlin gibt es Richter Gedeon Aktien und drei andere ungarische Titel zu kaufen. ten