Flüchtlinge ab Oktober zurück

Nach ihrer Rundreise in Bosnien-Herzegowina halten die Innenminister Bayerns, Hamburgs und Niedersachsens am Rückführungstermin fest  ■ Von Vera Gaserow

Berlin (taz) – Der Termin ist alt, aber zumindest die Tonlage ist neu: Eine Rückführung der bosnischen Kriegsflüchtlinge vom 1. Oktober an sei „prinzipiell möglich und zumutbar“, erklärten unisono die Innenminister von Bayern, Hamburg und Niedersachsen nach einer fünftägigen Rundreise durch Bosnien-Herzegowina. Die Minister Beckstein, Glogowski und Wrocklage wollen deshalb am 19. September der Innenministerkonferenz empfehlen, den umstrittenen Stichtag für „eine langsame Rückführung“ beizubehalten.

Doch unter dem Eindruck der Bosnienreise enthielt selbst das Fazit des bayerischen Hardliners, Günther Beckstein (CSU), nachdenkliche Zwischentöne: Der 1. Oktober könne nicht der Beginn einer Massenrückführung sein, sondern nur Anfang einer Entwicklung, der Haß zwischen den Bevölkerungsgruppen in Bosnien sei stärker als befürchtet, der Aufbau- und Demokratisierungsprozeß „weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben“. Man werde deshalb jeden Einzelfall prüfen müssen. Niedersachsens Innenminister Glogowski (SPD) rechnet deshalb damit, daß die Ausreise der 320.000 bosnischen Kriegsflüchtlinge in Deutschland „nicht in einigen Jahren abgewickelt werden kann“. Bis Jahresende hält Glogowski „einige hundert Rückführungen“ für möglich. Nach Erkenntnissen der bosnischen Botschaft kehren derzeit jeden Monat 800 bis 1.000 Bosnier freiwillig in die Heimat zurück.

Einiges deutet darauf hin, daß die drei Innenminister ihren Amtskollegen am 19. September ein anderes Vorgehen bei der Rückführung nahelegen könnten: Zwar bleibt der Stichtag 1. Oktober formal bestehen, (andernfalls hat Baden-Württembergs Innenminister Thomas Schäuble bereits Zwangsrückführungen im Alleingang angedroht), doch der Stufenplan, den die Innenminister dafür im Januar verabschiedet haben, könnte modifiziert werden. Dieser Plan sieht vor, daß – ohne Rücksicht auf die Situation in ihrer Heimatregion – alleinstehende Flüchtlinge und kinderlose Ehepaare Deutschland zuerst verlassen müssen. Statt dessen könnten sich die Innenpolitiker nun auf eine nach Regionen differenzierte Ausreisepflicht verständigen. Orientierungspunkt dafür könnte eine Liste von 22 relativ sicheren Gebieten sein, die das UNO-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) bei der Halbzeitbilanz des Dayton-Abkommens im Juni vorgelegt hat. Das UNHCR hatte dabei jedoch ausdrücklich betont, daß eine Rückkehr allein auf freiwilliger Basis in Frage komme und auch in die „sicheren“ Zonen nur für Angehörige der ethnischen Gruppen möglich ist, die dort die Mehrheit stellen.

Eine regionale Differenzierung böte sich zwar eher an als eine Ausreisepflicht allein nach Familienstand, doch würde sie erhebliche bürokratische und politische Schwierigkeiten bereiten. Dann nämlich würde sich herausstellen, daß rund 60 Prozent der bosnischen Flüchtlinge in Deutschland aus der serbisch beherrschten Republika Srpska stammen, in die sie – anders als im Dayton-Abkommen festgeschrieben – nicht zurückkehren können. Die drei Innenminister wollen das offenbar in Kauf nehmen. Viele Flüchtlinge könnten eben nicht in ihre Heimatorte zurück, konstatierten sie lapidar.