VW-Streit läuft und läuft und läuft und ...

■ VW verzichtet vorläufig auf 91 Millionen Mark Subventionen, EU verzichtet auf einstweilige Verfügung – der Konflikt geht trotzdem weiter

Brüssel (taz) – Die EU-Kommission wird vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg gegen die Bundesregierung wegen der von Sachsen an VW gezahlten Subventionen Klage einreichen. Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt klopft sich dennoch auf die Schulter: Immerhin sei es ihm gelungen, die von Brüssel angedrohte einstweilige Verfügung abzuwehren: „Damit ist jetzt Zeit gewonnen.“

Die Bundesregierung hatte der EU- Kommission gestern in letzter Minute mitgeteilt, daß sie bereits genehmigte Bundesmittel an VW in Höhe von 91 Millionen Mark zurückhält. Das ist der Betrag, den die sächsische Regierung trotz Verbots durch die EU-Kommission an VW zuviel gezahlt hat.

Die EU hatte für den Aufbau der beiden VW-Werke in Mosel und Chemnitz öffentliche Beihilfen in Höhe von 540 Millionen Mark genehmigt. Doch VW hatte insgesamt 780 Millionen gefordert und drohte, die Produktion ins Ausland zu verlagern. Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf setzte sich deshalb über die Brüsseler Entscheidung hinweg und schickte VW 91 Millionen Mark, die nicht genehmigt waren. Dies sei „ein extrem schwerer Rechtsbruch“, sagte EU- Wettbewerbskommissar Karel van Miert gestern in Brüssel. Er fürchtet, daß das Beispiel Schule macht und auch andere Länder anfangen könnten, ihre Unternehmen nach Belieben zu subventionieren. Die 20 EU-Kommissare hätten deshalb einstimmig eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof beschlossen. Die Klage richtet sich gegen die Bundesregierung, weil sie für die Einhaltung der Wettbewerbsregeln zuständig ist. Ein Urteil ist frühestens in zwei Jahren zu erwarten.

Bei einer einstweiligen Verfügung hätte die Bundesregierung riskiert, schon in wenigen Wochen von VW die Rückzahlung der Beihilfen verlangen zu müssen. Jetzt hofft Bonn, durch Verhandlungen mit Brüssel eine weichere Haltung zu erreichen. Zwar liege auch der Bundesregierung daran, so Rexrodt, die Beihilfendisziplin im gemeinsamen Markt zu sichern, aber sie möchte für Ostdeutschland mehr Ausnahmen als bisher erreichen. Wettbewerbskommissar van Miert zeigte sich offen für eine Diskussion über neue Sonderregelungen in den neuen Bundesländern. Alois Berger Tagesthema Seite 3

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