Ambulanzen fehlen

■ Kritik am schleppenden Ausbau nichtstationärer Operationsmöglichkeiten in der Bürgerschaft / Bundesweite Studie kann bisher noch keine Bremer Zahlen bieten

Zwischen zehn und 20 Prozent der jährlich rund 14 Millionen stationären KrankenhauspatientInnen in Deutschland könnten genausogut und wesentlich billiger auch ambulant versorgt werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums durchgeführte Studie, aus der Teile vorab an die Öffentlichkeit gelangt sind (taz vom 26.8.). Konkrete Zahlen für das Land Bremen liegen allerdings noch nicht vor. Der zweite der beiden Erhebungszeiträume ist nämlich erst für November diesen Jahres vorgesehen. Ursache für die Verzögerung waren Probleme beim Abschluß der erforderlichen Vereinbarung auf Landesebene zwischen Gesundheitssenator und Krankenkassen, erklärte der Geschäftsführer des medizinischen Dienstes der Kassen in Bremen, Conrad, auf Anfrage.

„Der Eindruck drängt sich auf, daß in diesem Bereich ein starkes Besitzstanddenken existiert“, sagte auch Gesundheitssenatorin Tine Wischer in der vergangenen Woche in einer Debatte der Bürgerschaft zu der Großen Anfrage der CDU zur aktuellen Situation im Gesundheitswesen. Zwar habe Bremen auf die Seehoferschen Reformen „als eines der ersten Länder mit einem Landeskrankenhausplan reagiert“ und in den letzten zwei Jahren bereits 625 Krankenhausbetten – das sind neun Prozent des Bremer Gesamtangebots – abgebaut, doch vor allem für die Ausweitung der ambulanten Operationen müsse noch viel getan werden.

Mit einem unkonventionellen Vorschlag ging die grüne Gesundheitspolitikerin Christine Bernbacher in die Debatte. Warum, so fragte sie, können die Krankenhäuser ihren hochtechnisierten Apparat eigentlich nicht auch niedergelassenen Ärzten für ambulante Operationen zur Verfügung stellen? „Mir selber wäre es lieber, amublant im Krankenhaus operiert zu werden als in einer Tagesklinik, der im Fall, daß es Probleme gibt, keine Intensivmedizin zur Verfügung steht“, so Bernbacher. Doch statt solcher Kooperationen ist der Trend auch in Bremen eine Zunahme der Konkurenz zwischen den neuen Tageskliniken und den großen Krankenhäusern.

In Schleswig-Holstein hatte die Studie im Auftrag des Bundesgesundheitsministers eine Fehlbelegung der stationären Betten mit eigentlich ambulanten Patienten von zehn Prozent, in Sachsen-Anhalt von 18 und in Hessen sogar von 20 Prozent ergeben. Besonders sonntags gebe es besonders viele vermeidbare Klinikeinweisungen, da am Wochenende eine ambulante Behandlung in Deutschland fast unmöglich ist.

Der stellvertretende Verwaltungsdirektor des Zentralkrankenhauses St.-Jürgen-Straße, Uwe Premm, wies den Vorwurf der Studie gegenüber der taz aber zumindest für seine Kliniken zurück. „Wir haben doch schon längst kein Interesse mehr daran, Betten unnötig zu belegen“, sagte er. Schließlich sei die Vergütung für Krankenhausleistungen durch die Kassen inzwischen vollständig auf Fallpauschalen umgestellt worden. Das Krankenhaus habe deshalb ein finanzielles Interesse daran, die PatientInnen möglichst bald wieder entlassen zu können. Dies zeige sich auch an den Zahlen: Lag die durchschnittliche Aufenthaltsdauer im St.-Jürgen-Krankenhaus noch vor drei Jahren bei gut zehn Tagen, ist sie inzwischen auf knapp über neun Tage gesunken.

Bereits Ende diesen Jahres würden in der St.-Jürgen-Straße bis auf die Gynäkologie alle Abteilungen über eine Ambulanz verfügen, so Premm. Bereits heute gebe es ambulante Behandlungen bei Haut- und Krebserkrankungen, bei Magenleiden, in der Kinderheilkunde und der Augenklinik. Schwierigkeiten gebe es allerdings auch noch mit dem Aufbau der eigentlich nötigen chirurgischen Ambulanz. Aus diesem Bereich stammte auch der in Hessen am häufigsten genannte Grund für eine überflüssige stationäre Behandlung im Krankenhaus: das Entfernen von Schrauben und Metallplatten nach einem Knochenbruch. Ase