Klemann hintergeht Koalitionspartner

■ Bausenator Klemann hebt Aluminium-Verbot bei öffentlichen Bauten auf. SPD, Umweltverwaltung und Abgeordnetenhaus düpiert. Bei Aluminium-Herstellung fallen Dioxin und Treibhausgase an

Jürgen Klemann (CDU) hat klammheimlich den umweltgefährdenden Werkstoff Aluminium von der Liste der Verwendungsverbote für den öffentlichen Hochbau gestrichen. Seit Monaten beteuert Klemann, er werde das Parlament über diesen von der PVC- und Alu-Lobby geforderten Schritt informieren. Bei der Herstellung des Werkstoffs Aluminium fällt das hochgiftige Dioxin an, zudem werden Treibhausgase freigesetzt.

Ohne viel Aufhebens hat die Bauverwaltung bereits im August die Verwendung von Aluminium wieder zugelassen, ohne daß dies bislang bekannt wurde. Umweltstaatssekretär Hans Kremendahl (SPD) zeigte sich deshalb gestern verstört über diesen Alleingang Klemanns. „Es ist ein Stück aus dem Tollhaus, das Parlament nicht zu beteiligen“, meinte Kremendahl. Auch sein Haus sei nicht einbezogen worden, beschwerte sich der Staatssekretär im gestern tagenden Umweltausschuß. Berlin hat das Verwendungsverbot für Aluminium 1990 nach einer umfangreichen Diskussion unter verschiedenen Verwaltungen verhängt. Empfohlen hatte dies unter anderem das Umweltbundesamt.

„Das geht gegen jeden ökologischen Verstand“, qualifizierte die bündnisgrüne Abgeordnete Judith Demba die Maßnahme Klemanns. Der Senator verstoße zudem gegen das Landesabfallgesetz, das der öffentlichen Hand vorschreibt, keine gefährlichen Baustoffe zu benutzen. Der Bausenator tut nun genau das Gegenteil. Er läßt Alumunium zu, bei dessen Herstellung wegen des hohen Energiebedarfs im Produktionsprozeß ganze Regenwälder verfeuert werden. Aluminium kommt in der Natur praktisch nicht vor. Selbst bei der Recyclingproduktion des wichtigsten Gebrauchsmetalls neben Eisen wird die Umwelt nicht geschont: Die Aluschmelze enthält Dioxin. Daneben werden fluorierte Kohlenwasserstoffe frei, die sogenannten Treibhausgase. Die Opposition im Abgeordnetenhaus fühlte sich gestern von Klemann genasführt. Der Bausenator hatte eine kleine Anfrage der bündnisgrünen Demba zum Einsatz von Aluminium mehrfach beschwichtigend zurückgewiesen. Der SPD hatte Klemann gar im Parlament versichert, sie gegebenenfalls informieren.

Im gestrigen Umweltausschuß waren freilich auch die Sozialdemokraten von dem kleinen Putsch des Bausenators überrascht. Sie vertagten einen Antrag der Grünen, das Verbot sofort zu erneuern. Der Koalitionsfriede will gewahrt sein.

Die Bündnisgrünen hatten den Alu-Ukas Klemanns vorhergesehen. Im Juli hatte Judith Demba eine öffentliche Ausschreibung entdeckt, in der eine komplette Aluminiumfassade für das Klinikum Buch annonciert wurde. Sie fragte daraufhin den Bausenator, ob er die Auffassung teile, daß es sich dabei um einen „klaren Verstoß gegen das Verwendungverbot handle“. Bis heute ist diese Anfrage nicht beantwortet.

Klemanns Pressestelle antwortete gestern ausweichend: Schließlich habe er nicht die gesamte Verbots-Richtlinie geändert, sondern diese durch ein Rundschreiben nur präzisiert. Christian Füller/ff