Neue Kronzeugen gegen Irans Staatsterrorismus

■ Im „Mykonos“-Prozeß sind zwei ehemalige Geheimdienstmitarbeiter des Iran zur Aussage bereit. Sie gehören zu den „Quellen“ von Exstaatspräsident Bani Sadr

Berlin (taz) – Zwei ehemalige iranische Geheimdienstmitarbeiter könnten zu entscheidenden Belastungszeugen im Berliner „Mykonos“-Verfahren werden. Die beiden Kronzeugen könnten mit ihren Aussagen nicht nur die Regierung in Teheran, sondern auch Bonns kritischen Dialog endgültig in Bedrängnis bringen. Die Männer gehören zu den „Quellen“, auf die sich der Exstaatspräsident des Iran, Abol Hassan Bani Sadr, bei seiner Anschuldigung beruft, die iranische Staatsführung habe 1992 den Anschlag auf vier kurdisch- iranische Oppositionelle im Restaurant „Mykonos“ in Auftrag gegeben. Bani Sadr präzisierte gestern seine bisherigen Aussagen. Dabei besonders brisant: Eine dieser „Quellen“, ein ehemaliger hochrangiger Mitarbeiter des Geheimdienstes Vevak, der mittlerweile ins Ausland geflohen ist, sei „von Beginn an“ über das „Mykonos“-Attentat informiert gewesen. Dieser Informant sei innerhalb des Vevak direkt mit Informationen über Terroraktionen in Berührung gekommen. Die „Quelle“, so Bani Sadr gestern vor Gericht, habe ihm dabei mitgeteilt, daß er den Hauptangeklagten des „Mykonos“-Verfahrens, den Iraner Kazem Darabi, „gut kenne“. Beide Informanten könnten möglicherweise anhand von Lichtbildvorlagen bezeugen, wer den genauen Treffpunkt der kurdischen Oppositionspolitiker an die Attentäter verraten habe.

Die Informanten sind nach Bekundungen Bani Sadrs zur Aussage vor der Bundesanwaltschaft bereit. Bedingung für ihre Vernehmung sei allerdings absolute Anonymität und das Fernhalten von ausländischen Nachrichtendiensten. Das ist nicht unerfüllbar. Noch während seines gestrigen Aufenthaltes in Deutschland wollte Bani Sadr mit der Bundesanwaltschaft Schritte über eine Vernehmung der beiden „Quellen“ vereinbaren. Sie müßte unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen und an geheimem Ort stattfinden. Bani Sadr erschien gestern zum drittenmal als Zeuge vor Gericht. Nach seinen ersten Aussage hatte der Iran von der Bundesregierung die Auslieferung des in Paris lebenden Exilpolitikers gefordert. Das Gericht hatte ihm deshalb für die Zeit seines Aufenthaltes explizit freies Geleit zugesichert. Vera Gaserow