Bahn rattert bald vierspurig in die Schweiz

■ Baukosten zur Grenze sechs Milliarden Mark, Geld für Anschlußstrecken fehlt

Berlin (taz/dpa) – Vorgestern hat Matthias Wissmann noch die Umweltverbände in Berlin mit einem Elbe-Abkommen becirct. Gestern nun weilte er schon in Lugano in der Südschweiz und unterschrieb einen Vertrag über sechs Milliarden Mark. Mit dem Geld wird die wichtigste Schienenverbindung in die Schweiz von zwei auf vier Spuren erweitert, die Strecke von Karlsruhe nach Basel.

Nötig wird das Ganze laut Verkehrsministerium, weil die Schweiz die Neue Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) plant. Mit zwei neuen Transitwegen soll der Güterverkehr vermehrt auf die Schiene gebracht werden. Kernstücke sind zwei Tunnel. Einer verläuft 57 Kilometer lang unter dem Sankt-Gotthard-Paß und soll den höchsten Punkt der Strecke Zürich–Lugano von 1.100 Höhenmetern auf 550 absenken. Auf der zweiten Linie weiter westlich sollen im nächsten Jahrtausend die Züge flacher von Bern unter dem Lötschberg hindurch und dann weiter nach Turin rollen.

Unklar ist die Finanzierung im Alpenstaat. Die dortige Bundesbahn will bis 2017 rund 30 Milliarden Franken in ihr Konzept „Bahn 2000“ investieren. Über ein Drittel des Geldes würden die beiden Tunnel verschlingen. Die SchweizerInnen hatten den Projekten 1992 in einer Volksabstimmung bereits zugestimmt. Nun stellt sich aber heraus, daß das Finanzierungskonzept nicht aufgeht: Die künftigen Benutzer sollten über die Gebühren die Bauschulden wieder abzahlen. Doch die Baukosten werden höher, als damals geplant, andererseits drohen Überkapazitäten bei Güterstrecken und damit niedrige Auslastung.

„Wir schätzen, daß ein Tunnel reichen wird“, so Alf Arnold, Geschäftsführer der Alpen-Initiative. Allein auf der derzeitigen Strecke über den Lötschbergtunnel gebe es Kapazitätsreserven von sechs Millionen Tonnen im Jahr – doppelt soviel wie der Transit durch die gesamte Schweiz per Lkw. Die zwei Tunnel seien Taktik des damaligen schweizerischen Bundesverkehrsministers gewesen, meint Arnold: „Er dachte, wenn ich in allen Landesteilen das Baugewerbe über den Streckenbau fördere, stimmen die Schweizer zu. Deshalb die zwei Transversalen mit der zweifachen Belastung der Alpentäler.“ rem