Sekte sucht Bank

■ Gerichtsurteil: Postbank darf Scientology-Konten kündigen

Stuttgart (dpa) – Die Deutsche Postbank AG darf die Konten der umstrittenen Scientology-Organisation kündigen. Eine anderslautende einstweilige Verfügung hob das Landgericht Stuttgart in einer gestern verkündeten Entscheidung auf. Danach hatte die Postbank vier Girokonten von Scientology in Ulm zunächst weiterführen müssen. Unter Berufung auf mögliche geschäftsschädigende Auswirkungen hatte die Bank die Konten gekündigt und sich dabei auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit berufen.

Dieser Argumentation schloß sich auch die 27. Zivilkammer des Landgerichts an. Es liege ein normaler Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen Postbank und Scientology vor, der jederzeit gekündigt werden könne, sagte der Vorsitzende Richter Hans-Jürgen Voigt. Nach der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft unterliege die Postbank auch nicht mehr der Pflicht, für jedermann ein Girokonto zu führen. Dieser sogenannte Kontrahierungszwang könne aber bei Sparkassen gegeben sein, die für die Scientology- Organisation eine Alternative zur Führung ihrer Geldgeschäfte darstellten.

Die Vereinigung hat nach Meinung des Gerichts auch die Möglichkeit, auf andere Banken auszuweichen. So gebe es im Raum Ulm, Aalen und Heidenheim rund 400 selbständige Banken. Im Zeitalter von Homebanking und Datenautobahn sei es nicht mehr notwendig, Geldgeschäfte über eine Bank in unmittelbarer Nähe abzuwickeln. Scientology hatte erklärt, insgesamt 17 Banken im Raum Ulm hätten es abgelehnt, ein Girokonto einzurichten. Die Sprecherin von Scientology Stuttgart, Maja Nüesch, bezeichnete das Urteil als Resultat einer „systematischen Diskriminierungspolitik“.

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