■ Kommentar: Mief & rote Fahnen
Anschauungsunterricht satt in Sachen „Deutschlands Gewerkschaften heute“ bot Hamburg an diesem Wochenende. Während die ÖTV konkret und kreativ über besseres Leben und Arbeiten in der Stadt workshopte, demonstrierten Zehntausende gegen die bösen Sparpläne der bösen Bundesregierung.
Neuigkeiten im Fall Wolfgang Hauck (siehe nebenstehenden Bericht) zeigen erneut, daß der mafiose Mief aus gewerkschaftlicher Selbstbedienung und mißbrauchter Mitbestimmung, den viele Stadtstaatsbetriebe seit Jahrzehnten ausschwitzen, noch längst kein wirksames Deodorant gefunden hat.
Natürlich: Öffentlich bekundeter gewerkschaftlicher Widerstand gegen Bonns Umverteilungspolitik darf und soll sein. Trotzdem werden heute noch ganz andere Dinge von den Gewerkschaften gefordert. Beispiel Ladenschluß: Statt sich im Bunker eines – übrigens ausgesprochen frauenfeindlichen – Arbeitszeitsmodells der 50er Jahre einzugraben, hätte sie den gesellschaftlichen Bedarf nach einer besseren zeitlichen Koordination von StadtnutzerInnen und Beschäftigteninteressen aufgreifen müssen. Wo aber sind die neuen Arbeitszeitregelungen – zum Beispiel die tarifvertragliche Einführung eines Arbeitstages mit zwei Sechsstunden-Schichten –, die neue Arbeitsplätze schaffen, 590-Mark-Jobs verhindern, die Läden länger offen halten und so Städten und erwerbstätigen Eltern bessere Perspektiven eröffnen?
Rote Fahnen und wortgewaltiger Protest sind kein Ersatz für innovative Konzepte, die den Rahmen von Tarifvertragsdenke und Besitzstandswahrung sprengen. Florian Marten
Siehe auch Bericht Seite 22
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