Berlinale, Kabale etc.
: Festival der Inseln

■ Besucherfreundlich – aber ohne Besucher? De Hadeln will Berlinale und Forum trennen

Man hatte es schon während der letzten Berliner Filmfestspiele munkeln hören, nun nimmt es Formen an: Zwischen dem Internationalen Forum des Jungen Films und der Restberlinale unter Festivalleiter Moritz de Hadeln kriselt es. Der Berliner Kultursenator Peter Radunski gab dem Konflikt nun in einem Papier Ausdruck, das er dem Kulturausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses zur Beratung vorlegte. Es enthält Überlegungen zur Zukunft der Berlinale, die im Jahr 2000 ein halbes Jahrhundert alt wird. Es gelte zu bedenken, heißt es dort, „inwiefern die Konzeption der Berlinale noch von der spezifischen Insellage Westberlins geprägt sei“.

Man müsse prüfen, ob die organisatorische Verknüpfung zweier Festivals „unter den Gesichtspunkten eines effektiven Managements und eines besucherfreundlichen Ablaufs noch sinnvoll ist“. Das Festival müsse inhaltlich und organisatorisch völlig neu gestaltet werden. Dabei sei auch zu überlegen, ob „die vielfältigen Programmschienen des Festivals, der opulente Charakter des Beiprogramms weiterhin für die Attraktivität des Festivals erforderlich ist“.

Der Festivalleiter Moritz de Hadeln steht diesen Überlegungen – für Kenner der Stimmungslage wenig überraschend – offenbar wohlwollend gegenüber. Und schob gleich den Vorschlag nach, der für das Internationale Forum des Jungen Films eine handfeste Bedrohung darstellen dürfte: Unter getrennter Federführung solle das Forum wieder im Sommer stattfinden, die Berlinale aber weiterhin im Februar. Bis 1971 hatte die gesamte Berlinale im Sommer stattgefunden, war dann jedoch unter ihrem damaligen Leiter Wolf Donner verlegt worden, weil man sich von der Konkurrenz Cannes Abstand verschaffen wollte.

Mit der Bemerkung, das Forum habe sich inzwischen zu einem „international renommierten Festival im Festival entwickelt“, hat de Hadeln leicht zu eigenen Gunsten untertrieben: In der Berichterstattung der letzten Jahre kommt der von de Hadeln organisierte Wettbewerb – von der Gesamtorganisation des Festivals gar nicht zu reden – deutlich schlechter weg als das Forum. Unter der Leitung von Ulrich Gregor hat das Forum in den letzten Jahren nicht nur aktuelle Produktionen vor allem aus Asien, Rußland und Osteuropa vorgestellt, sondern auch vieldiskutierte Langzeitdokumentationen aus Deutschland. Neue Filme von Claude Lanzmann oder Béla Tarr waren zuerst im Forum zu sehen. Viele der Regisseure, deren Arbeiten schließlich im Wettbewerb landen, gaben ihr Debüt im Forum: Jim Jarmusch, Aki Kaurismäki oder Wayne Wang sind nur einige Beispiele.

Bezeichnend für die klimatischen Verhältnisse unter den Beteiligten ist auch, daß man beim Forum aus allen Wolken fiel, als die Überlegungen des Senators bekannt wurden. „Wir wußten von nichts“, sagte Erika Gregor gegenüber der taz, „und allein das halte ich schon für ein recht fragwürdiges Vorgehen.“ Von der Verlegung des Forums in die Sommerzeit verspricht sie sich überhaupt nichts: „Das bedeutet doppelten Verwaltungsaufwand, Mehrfachkosten, weil man ja dieselben Journalisten zweimal einladen muß, und mit Sicherheit eine Verringerung der Zuschauerzahlen.“ Senatssprecher Wallrabenstein hält die Aufregung für verfrüht: „Es handelt sich bislang lediglich um Überlegungen, die Herr Radunski nun allen Beteiligten zur Beratung vorgelegt hat. An finanzielle Kürzungen ist in keinem Fall gedacht. Bis zur Entscheidung im November sind wir offen für jedermanns Vorschläge.“ Mariam Niroumand