Greenpeace will Sozialstaat retten

■ Zum 25jährigen Jubiläum der internationalen Umweltorganisation will ihr Chef, Thilo Bode, stärker auf soziale Themen setzen - sonst drohe der Umweltschutz von der Tagesordnung zu verschwinden

Berlin (taz/dpa) – Gestern vor 25 Jahren schlug die Geburtsstunde von Greenpeace, als sich einige Umweltaktivisten mit einem Fischkutter zur Insel Amchitka vor Alaska aufmachten, um gegen einen geplanten US-Atomtest zu demonstrieren. Zum Jubliäum schlug der Geschäftsführer von Greenpeace International, Thilo Bode, jedoch kritische Töne an.

Greenpeace müsse sich künftig auch mehr sozialpolitischen Fragen zuwenden. Andernfalls sehe er die Gefahr, daß der Umweltschutz angesichts der Arbeitslosigkeit und der leeren Sozialkassen „völlig von der politischen Tagesordnung verschwindet“. Dazu gehört auch, daß die Regenbogenkämpfer „den Widerspruch zwischen einer wachstumsfeindlichen Umweltpolitik und einer wachstumsfreundlichen Sozialpolitik überwinden“ wollen, meinte Bode in einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel.

Weiterer Schwerpunkt müsse die Nord-Süd-Problematik sein. „Wenn zum Beispiel unsere Industrie in Thailand oder Malaysia ein Zellstoffwerk baut, das den Umweltstandards nicht entspricht, hat das natürlich auch bei uns negative Auswirkungen auf die Arbeitsplätze – weil das Zeug von da einfach billiger ist.“ Doch bleibt der Schwerpunkt im Norden: „Wenn sich in den Industrieländern nichts ändert, ändert sich gar nichts.“

Die deutsche Sektion, die größte und reichste bei Greenpeace, hat bereits mit der neuen Politik begonnen. Greenpeace hatte 1994 ein Gutachten in Auftrag gegeben, mit denen das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) die positiven Arbeitsmarkteffekte einer ökologischen Steuerreform dokumentierte. Bodes Programm findet sich auch in der Personalpolitik wieder. Burkhard Gnärig, neuer Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland, kommt von der Entwicklungsorganisation Terre des Hommes. Wolfgang Sachs, Vorsitzender des Beirats bei Greenpeace Deutschland, hat sich als Entwicklungssoziologe einen Namen gemacht.

Mit einer Anti-Atomtest-Demonstration auf dem Platz des himmlischen Friedens in Peking und der Eröffnung eines Greenpeace-Büros in Hongkong signalisierten die Umweltschützer, daß sie sich bei der Auseinandersetzung mit den greisen Dikatoren in China engagieren wollen.

Dennoch tut sich der Umweltriese schwer. 225 Millionen Mark Einnahmen allein im Jahr 1995 und spektakuläre Erfolge wie die Nichtversenkung der Ölplattform Brent Spar haben an der Verschärfung der globalen Umweltprobleme nichts ändern können. Bode resümiert, in Zukunft müßten die Kampagnen noch besser durchdacht sein. ten