■ Die Wahlen in Bosnien zementieren die Teilung des Landes
: Die Logik von Dayton

Die bislang veröffentlichten Ergebnisse der bosnischen Urnengänge vom letzten Samstag entsprechen den Erwartungen, die realistischerweise an unfreie, unfaire und undemokratische Wahlen gestellt werden konnten. Gesiegt haben die drei nationalen Parteien. Oppositionelle Organisationen und Kandidaten hatten in der serbischen Teilrepublik sowie in der von kroatischen Nationalisten beherrschten Westherzegowina keine Chance und konnten lediglich im restlichen Bereich der muslimisch-kroatischen Föderation einige Achtungserfolge erzielen.

Wer an diesem Wahlausgang trotz der eindeutigen Entwicklung seit Abschluß des Dayton-Abkommens vor neun Monaten noch zweifelte, brauchte am letzten Samstag nur die Stimmabgabe von zwei der rund 2,9 Millionen stimmberechtigten BosnierInnen beobachten: Der mit internationalem Haftbefehl als Kriegsverbrecher gesuchte Radovan Karadžić wählte in Pale unbehelligt und unter dem Schutz von Ifor-Soldaten. In Srebrenica konnte währenddessen nur ein einziger der über 40.000 Muslime, die bis zu ihrer Vertreibung Anfang Juli 1995 in der ostbosnischen Stadt gelebt hatten, an der Wahl teilnehmen.

Dies symbolisiert die politische Bedeutung dieser Wahlen. Ethnische Säuberungen und andere Kriegsverbrechen haben sich gelohnt, die Teilung Bosniens wird sanktioniert. Genau diese Entwicklung war im Dayton-Abkommen angelegt. Das von seinen Architekten behauptete Ziel, den bosnischen Gesamtstaat zu erhalten, war nicht ernsthaft gewollt. Daher ist nur folgerichtig, daß diese Architekten – allen voran Richard Holbrooke – die Wahlen als Erfolg rühmen. Und sollte mit dem Serben Momcilo Krajišnik tatsächlich ein Mann erster Präsident des bosnischen Bundesstaates werden, der in den letzten vier Jahren die Abspaltung der „Serbischen Republik“ ebenso heftig betrieben hat wie Karadžić und kaum weniger Blut an den Händen hat als dieser, entspräche dieses voll der Logik des Dayton-Abkommens.

Der Frieden (oder besser: Nichtkrieg) in Bosnien wird unter diesen Umständen nicht von langer Dauer sein. Die Bedingungen für eine Rückführung von Flüchtlingen, über die am Donnerstag die deutschen Innenminister erneut beraten werden, haben sich durch diese Wahlen nicht verbessert. Andreas Zumach