Das Portrait: Neuer Kopf des Plenums der UNO
■ Razali Ismali
„Welche Ergebnisse die kostspieligen Beratungen dieser UNO-Generalversammlung erbringen, wird von der Öffentlichkeit zunehmend kritisch beobachtet. Die Verschleppung von Entscheidungen und ausgedehnte Mittagessen – damit sollte ebenso Schluß sein wie mit der Folter durch lange, unkonkrete Reden.“
Nach seiner Wahl zum Präsidenten der 51. UNO- Generalversammlung in der Nacht zu gestern richtete Razali Ismali deutliche Worte an seine AmtskollegInnen. „Möglicherweise“ seien UNO-Diplomaten zu entfernt von den Problemen, mit deren Lösung sie beauftragt sind. Der 57jährige Karrierediplomat aus Malaysia sprach aus langjähriger Erfahrung im New Yorker Hauptquartier der UNO. Seit acht Jahren vertritt er dort sein Land als Botschafter, 1989/90 auch im Sicherheitsrat und zeitweise als dessen Präsident. In den 24 Jahren zuvor bekleidete der verheiratete Vater dreier Kinder unter anderem Botschafterposten in Indien, Frankreich, Großbritannien, Laos und der DDR. Meinungsfreudig und engagiert hielt sich Razali selbst in seiner neuen Rolle als „neutraler Präsident“ der Generalversammlung nicht zurück. Offen machte Razali in seiner Antrittsrede die fünf ständigen Mächte im Sicherheitsrat „verantwortlich für das Blutvergießen in Bosnien und Ruanda“. Derartige Tragödien ereigneten sich, wenn die UNO sich nicht gegen die Machtkalküle wende, durch die humane Grundwerte untergraben werden. Und mit Anspielung auf die USA forderte er, die UNO müsse „universelle Werte über die politischen Interessen einzelner Mitglieder stellen“.
Als wichtigste Aufgaben der 51. Generalversammlung benannte der Malaysier die „Überwindung von Armut und sozialer Ungerechtigkeit“. Natürlich dienen solche Äußerungen auch der Profilierung Malaysias unter den Ländern des Südens. Um die Führungsrolle in der „Gruppe der 77“, deren Vorsitzender Razali 1989 war, bemühen sich derzeit auch Indien und Indonesien. Die Bundesregierung, die Razalis Kandidatur unterstützte, macht sich Hoffnungen, daß der Malaysier in den nächsten Monaten eine Abstimmung der Generalversammlung über die Erweiterung des Sicherheitsrates um neue ständige Mitglieder herbeiführt. Dies soll Razali Bonn versprochen haben. Andreas Zumach
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