Zukunftsblind kaputtgespart

■ Bildungssenatorin will fünf Stadtteilbibliotheken dichtmachen

Die Vorlage aus dem Hause der Bildungssenatorin ist eindeutig: Hinter den Kulissen ist das Schicksal von fünf Bremer Bibliotheken besiegelt. Das bislang unter Verschluß gehaltene Papier „Neustrukturierung der Stadtbibliothek“ sorgt nicht nur in den betroffenen Bibliotheken für Verstimmung, denn die befürchtete Schließungsarie droht nicht einmal die zentralen Standorte zu stärken. Im Gegenteil: „Die Stadtbibliothek wird kaputtgespart“, befürchtet die kulturpolitische Sprecherin der Grünen, Karin Krusche.

Mit ihrer Vorlage will die Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs auf den dramatischen Personalabbau in den Büchereien reagieren. Während 1982 noch 228 Stellen zur Verfügung standen, sind es mittlerweile noch 145. Deswegen setzt Kahrs auf Konzentration und schlägt vor, „Einrichtungen zu schließen und gleichzeitig die verbleibenden Standorte personell zu stärken und im Hinblick auf Räumlichkeiten, Ausstattung sowie Medien- und Dienstleistungsangebote zu verbessern.“ Die Stadtteilbibliotheken Blumenthal, Hemelingen, Parsevalstraße, Östliche Vorstadt und Horn-Lehe sollen dafür geschlossen, zwei Standorte zusammengelegt und vier ausschließlich von abgestellten Lehrern betreut werden. Die freiwerdenden Kräfte sollen in den verbleibenden Standorten Löcher füllen.

Löcher aber finden sich zu allererst in der Vorlage selbst. Renate Walter, die Leiterin der Stadtteilbibliothek Blumenthal, kritisiert, daß das Papier nur auf Zahlen fußt und soziale Standortfaktoren ignoriert. „Mir tut die Bevölkerung leid. Hier ist ja nichtmal ein Jugendtreff. Und in andere Stadtteile wird immer mehr Geld gepumpt.“ Der Grund für die Zahlenreiterei: Die Senatorin, heißt es unter der Hand, mache entgegen den Beteuerungen von Kahr's Pressesprecherin Erika Hux-hold Kulturpolitik ohne Basisbezug.

Zudem ist der Gegenwert der Umstrukturierung fraglich. „Wenn man beschließt, Standorte zu schließen, muß man wenigstens eine attraktive Zentralbibliothek als Ausgleich schaffen, damit die Opfer lohnen“, meint Krusche. Das Papier der Senatorin aber sei ein reines Sparkonzept. Tatsächlich wird der Komplex „Zentralbibliothek“ bis auf gut gemeinte Worthülsen ausgeblendet.

Noch ist das Konzept nicht in der Bildungsdeputation diskutiert worden. „Das senatorische Konzept birgt soviel Sprengstoff, daß Frau Kahrs die Debatte darüber offenbar liebend gern vor sich her schiebt“, glaubt Krusche. Pressesprecherin Huxhold betont dagegen, die Vorlage sei mit dem Koalitionspartner noch nicht abgestimmt. Erst am 30. 9. wird die CDU den Entwurf beraten. Bis dahin herrscht in CDU-Kreisen beim Thema Bibliotheken eisiges Schweigen. Huxhold: “Also reden wir über einen Entwurf, der am Ende vielleicht ganz anders aussieht.“

Doch eine plötzliche Kursänderung im Rahmen dieses Papiers scheint Krusche mehr als zweifelhaft: „Die Finanzierung einer zukunftsträchtigen Zentralbibliothek erfordert den politischen Willen der Koalition, denn eine Zentralbibliothek, die diese Standortopfer wert ist, spart kein Geld. Sie kostet welches.“ L.R.