Mitzubringen: gepflegtes Erscheinungsbild

■ Ein Auto nach Nizza bringen, Handlangerdienste leisten, schuften auf dem Bau – Studentenjobs bei der Bremer „Job-Vermittlung“

agen wir: Germanist, 10. Semester, kann nix außer Auto fahren. Aber: Geld muß her. Unverzüglich. Der Kühlschrank ist leer.

Kein Problem für Herrn Schneemilch. Er blättert in seiner Kartei. „Da hätten wir: zwei Wochen Montage, 20 Mark die Stunde, Auslöse für Auswärtsunterkunft 25 Mark pro Tag, Handlangertätigkeiten für eine Baufirma. Oder hier: Kaufhausumbau in der Innenstadt, bißchen mit anpacken, 15 Mark in der Stunde. Würden Sie auch putzen?“

Herr Schneemilch hat für arbeitssuchende Studenten ein niederschwelliges Angebot: In der Faulenstraße 48-52, neben Saturn, bietet er in einem locker möblierten Büro im Erdgeschoß Jobs an. Sein Laden heißt „Job-Vermittlung“ und ist ein Ableger des Arbeitsamts. 7045 vermittelte Studies in 1995 lautet seine Erfolgsbilanz. Und weil der heutige Student so dermaßen in ökonomischen Zwängen steckt, hat der Jobvermittler im Semester kaum weniger zu tun als in den Semesterferien.

Das einzige, was in der Jobvermittlung an das gute alte Arbeitsamt erinnert, ist die Karteikarte. An ihr kommt niemand vorbei. Hier wird notiert, ob man ledig ist, Sprachen kann, welche Schulreife man hat und welche Wünsche hinsichtlich der Bezahlung. Wenn einer Auto fahren kann, kriegt die Karteikarte einen weißen Reiter (haben fast alle); wer einen Staplerschein hat, bekommt den orangen Reiter rechts, orange links aber heißt: EDV-Kenntnisse. Mit der Karte geht man zu Herrn Schneemilch.

Herr Schneemilch hat ein Geheimnis: Das sind seine Firmen. Die Firmen, die Arbeitskräfte suchen. Deren Namen rückt er nicht raus, wäre ja noch schöner, könnte sich ja jeder direkt bewerben, unter Umgehung von Herrn Schneemilch. Seine (unentgeldliche!) Dienstleistung aber ist: die Bewerber auf ihre Eignung untersuchen. Diskret, aber gründlich. Kommt da ein Hänfling und will einen Job auf dem Bau – da ist die Tür. Auf die begehrten Promotion-Jobs, wo man im Kaufhaus eine Werbeaktion mitmacht, spekulieren gar Punker! Daumen runter. Manchmal verlangen die Firmen ausdrücklich „gepflegtes Erscheinungsbild“, meist weiß Herr Schneemilch, sieben Jahre im Amt, schon von sich aus, was gefragt ist. Kommt einer im Dezember, will den Weihnachtsmann machen, sieht aber „verloddert“ aus – ungeeignet. Schwarze Weihnachtsmänner hat Herr Schneemilch vor zwei Jahren mal durchgehen lassen, für Schokoladeverteilen in der Innenstadt. Aber die 600 Hausbesuche (von 60 Weihnachtsmännern, die pro Adresse 45 Mark bekommen) bleiben weiß: „Das kann man doch den Kindern nicht vermitteln.“ Auch Weihnachtsfrauen kann man den Kindern nicht vermitteln. Ein Versuch mit Weihnachtsmann plus weiblichen Weihnachtsengeln im Nachthemd endete nicht ermutigend (zu teuer). Manchmal bekommen Weihnachtsmänner auch mitten im Jahr einen Anruf von Herrn Schneemilch. Dann ist einer gesucht, der ein Geburtstagsständchen bringt. „Die Weihnachtsmänner sind ja eh Schauspieler“, hat Herr Schneemilch beobchtet.

Handel, Bau, Handwerk – die suchen immer wieder Studenten. Gern Gelernte, etwa Schlosser, Elektriker oder Schutzgasschweißer. Hafenjobs direkt an der Kaje sind längst tot; doch die Spediteure fragen häufiger nach ungelernten Lagerarbeitern. Die klassischen Kurz-Arbeitgeber sind aber immer noch gewisse Maisflockenhersteller und Autobauer, deren Namen hier nicht genannt werden dürfen (Schutz von Sozialdaten!). Weil auch Studenten gern einen lauen Lenz haben, wollen die meisten Auto fahren. So viele Autos gibt es gar nicht. Einmal hat eine Firma acht Mark die Stunde für Autofahren angeboten. Doch das war zu arg. Herr Schneemilch fand niemanden.

Absolute Untergrenze sei, sagt Herr Schneemilch, zwölf Mark. Für „leichte Tätigkeiten“ wie Textilien verpacken. Der normale Job ohne Spezialkenntnisse bringt 14-15 Mark; ein Bauhelfer darf mit 19 Mark rechnen. Beim lokalen Autobauer am Band gibt es 3.500 bis 4.000 Mark, je nach Schichtzulage. Da wollen viele hin.

Richtig Knete haben mal Studentinnen verdient, die man für Werbespots suchte. „Alles ganz sauber“, betont Herr Schneemilch. 50 Mark die Stunde. Recht schick war auch der Job, ein Auto nach Nizza zu fahren und dort zwei Wochen lang ein Haus zu bewachen. Plus 600 Mark für die Woche. War sofort weg, der Job. BuS