Betr.: Index on Censorship

Als Witwe von Steve Biko, dem 1977 in der Haft ermordeten Führer des südafrikanischen Black Consciousness Movement, mußte auch Ntsiki Biko vor der Wahrheitskommission Südafrikas aussagen. „Ich bezweifle sehr“, sagte sie, „daß uns diese Wahrheitskommission miteinander versöhnen kann: Versöhnung gibt es meiner Ansicht nach nur, nachdem zuallererst einmal Recht gesprochen wird... Für mich ist dies nichts anderes als die Öffnung alter Wunden – für nichts.“

Mit den moralischen und gesellschaftlichen Implikationen des Durcharbeitens traumatischer Vergangenheiten durch sogenannte Wahrheitskommissionen – aber auch Kriegsverbrecherprozesse – beschäftigt sich Michael Ignatieff in seinem Text auf diesen Seiten. Auch er bezweifelt, daß die Feststellung dessen, was passiert ist, die Wahrheit über Apartheid, Massaker und Bürgerkrieg, automatisch zur Heilung, zur Versöhnung führt. Dennoch räumt er diesen weltweit unternommenen Versuchen der Aufarbeitung von Vergangenheit – in Chile und Argentinien, Südafrika und Ruanda – einen wichtigen Platz ein.

Die heutigen Seiten sind eine erste Lieferung zum Thema traumatisierter Nationen, das mit der Oktober-Auswahl fortgeführt werden wird. Uta Ruge, London