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Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine

Agent 00 - Mit der Lizenz zum Totlachen USA 1996, R: Rick Friedberg, D: Leslie Nielsen, Nicolette Sheridan, Charles Durning

„Nielsen, der eine silberhaarige, amerikanische Version von Roger Moore als James Bond spielt, bringt denselben Geist einer unrührbaren, komischen Ernsthaftigkeit in die Rolle, der auch seinen völlig unfähigen Polizei-Leutnant in der „Naked Gun“ Serie auszeichnete. Nielsen verliert in einem Film vielleicht seine Hose, aber nie seine Würde. Er verkörpert eine unzerstörbare männliche Lebensart, die eine absolute Ungeschicklichkeit und Dummheit verbirgt.UFA-Palast, UT-Kinocenter

Alaska USA 1995, R: Fraser C. Heston, D: Thora Birch, Charlton Heston

„In der grandiosen Naturkulisse Alaskas sind zwei Teenager auf der Suche nach ihrem während eines Unwetters verschollenen Vater. Trotz Belästigung durch zwei Wilderer kämpfen sich Bruder und Schwester tapfer durch Stromschnellen, Schnee und Eis, bis sie mit Hilfe eines offensichtlich gut dressierten jungen Eisbären ihr Ziel erreichen. Nettes Abenteuerkino für Kinder.“ (tip) City, UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- und Ziegelhof-Kino

Antonias Welt Niederlande/Belgien/Großbritannien 1995, R: Marleen Gorris, D: Willeke van Ammelrooy, Els Dottermans

„Wirklich eine ungewöhnliche Familiensaga, die die holländische Regisseurin Marleen Gorris in ihrem jüngsten Film entworfen hat. Voll Witz und trotz aller Melancholie voll Optimismus steckt ihre generationsübergreifende, manchmal märchenhaft wirkende Chronik, die sich über 50 jahre erstreckt. Und wie die Jahreszeiten fliegen auch die diversen Schicksale der Figuren vorbei: Menschen kommen und gehen, Leben entsteht und vergeht. Und immer geben starke Frauen, die auch ihre Schwächen haben, den Ton an. Das alles erzählt Gorris mit einer unglaublichen Leichtigkeit, die mitten ins Herz trifft. Für ihre matriarchale Utopie erhielt sie in diesem Jahr den Oscar in der Kategorie „bester fremdsprachiger Film“. (Bremer) Cinema, Casablanca (OL)

Aus nächster Nähe USA 1996, R: Jon Avnet, D: Robert Redford, Michelle Pfeiffer

"Er werde immer dann gerufen, sagt der amerikanische Filmemacher John Avnet, wenn „jemand mal einen guten Film machen will.“ Soll heißen: ein Herz-Schmerz-Film, weit weg von dem Krawall-Genre, mit dem in L.A. das dicke Geld gemacht wird. Nun hat der Alibi-Mann Avnet wieder zugeschlagen. Mit einer „A Star is Born“-Geschichte aus der TV-Nachrichtenwelt. Die karrierehungrige Anfängerin Tally (Michelle Pfeiffer), die keine Ahnung, keinen Stil, aber irgendwie Talent und eine bemerkenswerte Ausstrahlung hat, findet bei einem Provinssender einen Mentor und Liebhaber, den abgehalfterten Nachrichtenmann Warren (Robert Redford). Avnets Schnulze ist so lebensnah wie eine Kreditkartenreklame und so bewegend wie Fahrstuhlmusik. Da lebe der Krawall.“ (Der Spiegel) City, Wall- Ziegelhof Kino (OL)

Beautiful Girls USA 1996, R:Ted Demme, D: Uma Thurman, Mira Sorvino, Timothy Hutton, Matt Dillon

"Pianist Willie kommt zu seinem Schultreffen in das verschlafene Nest Knight's Ridge zurück. Hier sitzen seine Kumpels immer noch jeden Abend in der Kneipe und reden über Gott, die Welt und Frauen wie Andrea, des Barkeepers Cousine. Melancholische Generationskomödie a la „Diner und „Singles“ mit spritzigen Dialogen und angesagter Popmusik. Filmstudio

Bobo und die Hasenbande Deutschland/Ungarn/USA 1995, R: Jenö Koltai

„Der junge Hund Bobo wird einfach ausgesetzt, findet aber ziemlich schnell sechs gute Freunde. Bei diesem einfach animierten Zeichentrickfilm geht es vorrangig um gegenseitiges Helfen und das Lernen voneinander. Zähne zeigen ist in manchen Situationen die Devise. Für kleine Hasenfüße im Kino nicht nur eine nette Aufforderung, sondern manchmal auch, wenn zum Beispiel der Habicht angreift, eine kleine Mutprobe.“ (tip) Atlantis

Circle of Friends Irland/USA 1995, R: Pat O'Connor, D: Chris O'Donnell, Minnie Driver / Originalfassung

„Pat O'Connor, der vor zehn Jahren mit „Cal“ seinen bisher erfolgreichsten Film gedreht hat, konzentriert sich in „Circle of Friends“ vor allem auf das vom strengen irischen Katholizismus behinderte Liebesleben seiner Heldinnen. Ansonsten aber halten sich die Provokationen dieses merkwürdig hausbacken inszenierten Films diesseits der Schmerzgrenze; gemessen an den jüngsten Skandalen im irischen Kino ist der Film eine nostalgische und vor allem auch exportfähige Nettigkeit internationalen Zuschnitts, in der selbst der kleinen antibritischen Sottise jede satirische Schärfe fehlt. O'Connors Problem ist die Besetzung; sie funktioniert nach dem Prinzip der konventionellen Typen-Komödien. Die Personen sehen immer genauso aus, wie sie sind: der verknöcherte Pfarrer, der selbstgefällige Aristokrat, der kriecherisch verschlagene Ladenschwengel.“ (epd-film) Kino 46

Echte Kerle Deutschland 1995, R: Rolf Silber, D: Christoph M. Ort, Tim Bergmann

„Ein junger Macho wird von seiner Lebensgefährtin auf die Straße gesetzt, findet Unterschlupf bei einem sympathischen Schwulen und läutert sich zum besserer (sprich: softeren) Mann. Diese - zugegeben gar nicht schlechte - Story hat sich Filmemacher Rolf Silber schon vor etlichen Jahren ausgedacht. Darum sieht Silbers im spießigen Mief der Frankfurter Polizei angesiedelter Film, der durchaus mit lichten Augenblicken aufwartet, am Ende unweigerlich aus wie ein Sammelsurium der bewährten Heiterkeitszutaten: alles ziemlich homogen.“ (Der Spiegel)UFA-Stern

Eine Couch in New York Frankreich, Deutschland, Belgien 1996, R: Chantal Akerman, D: Juliette Binoche, William Hurt, u.a.

„Hat alles, was eine romantische Komödie benötigt: Einen Mann und eine Frau, die zueinander nicht passen, zwei Stars in den Hauptrollen (William Hurt als New Yorker Psychoanalytiker und Juliette Binoche als Pariser Tänzerin), dazu einen Wohnungstausch, einen neurotischen Hund und weitere Komplikationen, die das ungleiche Paar zunächst in kuriose Situationen und schließlich einander in die Arme treibt. Leider ist die Regisseurin zwar eine Meisterin des Stillebens, aber keine Geschichtenerzählerin. Akermans Vorliebe fürs Arrangement verhindert das für eine Komödie unabdingbare Tempo, weshalb Komik und Romantik bloße Behauptung bleiben“ (tip)Atlantis, Gondel

Ein Hund namens BeethovenUSA 1992, R: Brian Levant, Charles Grodin, Bonnie Hunt

„Es klingt schrecklich: eine Komödie über einen großen zotteligen Hund, der die Liebe einer Familie dadurch gewinnt, daß er ihr Vorortsheim zerstört. Und es beginnt auch ziemlich schlimm damit, daß Hundebaby Beethoven (ein musikalischer Bernhardiner) den Besitzer des Tierladen anpinkelt, noch bevor der Vorspann beendet ist. Zum Glück sind die Scherze über Exkremente bald vorbei, und der Film wird besser - zum großen Teil wegen der sauertöpfigen Possen von Charles Grodinin in der Rolle des Dad, eines neurotischen Hundhassers, dessen Beruf es ist, Duftverbesserer zu verkaufen.“ (Time Out) Schauburg

Ein Schweinchen namens Babe USA 1995, R: Chris Noonan, D: James Cromwell, Magda Szubanski

„Das muß man erst mal auf die Beine stellen: Sprechende Tiere in einem Spielfilm, und das als Unterhaltungsstück für alle von 8 bis 80. Chris Noonan setzte diese unverfrorene Viecherei beschwingt und schweinisch gut in Szene.“ (Bremer) UT-Kinocenter

Eraser USA 1996, R: Charles Russell, D: Arnold Schwarzenegger, James Caan, Vanessa Williams

„Man merkt den Schwarzenegger-Filmen mehr und mehr die Mühe an, die es macht, die Blockbuster-Formeln seiner Filme beizubehalten und zugleich den einen oder anderen neuen Dreh zu entwickeln, ohne in den Fehler von „The Last Action Hero“ zu verfallen, mit einem Übermaß an sophistication die popcorn crowd zu vertreiben. (Georg Seeßlen) UFA-Stern, UT-Kinocenter, Wall- und Ziegelhof-Kino (OL)

Fisch & Chips Großbritannien 1996, R: Stephen Frears, D: Colm Meaney, Donal O'Kelly

Jetzt istnach „The Commitments“ und „The Snapper“ auch der letzte Teil von Roddy Doyles Trilogie über das Leben in dem Dubliner Vorort Barrytown verfilmt worden: wieder von Stephen Frears und wieder mit Colm Meaney als arbeitslosem Pappa. Diesmal versucht er einen klapprigen Wohnwagen zu einer Imbißbude aufzumöbeln, und hofft damit das große Geld zu machen, während die irische Nationalmannschaft in der Fussballweltmeisterschaft gegen die englischen Erzfeinde versucht, sich für alle verlorenen Schlachten der letzten Jahrhunderte zu rächen. Schauburg, Apollo

Flipper USA 1996, R: Alan Shapiro, D: Paul Hogan, Issac Hayes

„... bald wird er kommen. Jeder kennt ihn, den klugen Delphin !“ Leider ist die Übertragung der alten TV-Serie ins Kino nur bedingt gelungen. Kameramann Bill Butler mag wohl lieber böses Meeresgetier: er rückte schon Spielbergs „Hai“ ins rechte Licht.“ (TV-Spielfilm) Schauburg

From Dusk Till Dawn USA 1996, R: Robert Rodriguez, D: Quentin Tarantino, Georg Clooney, Harvey Keitel

Für seinen Soulbrother Rodriguez holte Tarantino sein allererstes Skript aus der Schublade, überarbeitete es und spielt zu allem Überfluß auch noch eine der Hauptrollen. So daß man unmöglich sagen kann, wer von den beiden bei diesem Film für welchen Blutfleck verantwortlich ist. Die letzten 40 Minuten wird nur noch herumgeballert, gebissen und geschrien. Auch wenn Rodriguez noch so rasant inszeniert und schneidet, verliert man schnell den Überblick und das Interesse daran, wer schon untot ist oder noch ungebissen auf alle anderen eindrischt. Und so hofft man auf ein möglichst baldiges Morgengrauen. Nicht etwa weil dann alle Bösen in den ersten Sonnenstrahlen zerschmelzen, sondern weil der Titel verspricht, daß der Film mit ihm endet. (hip) Originalfassung im UFA-Palast, Ufa Stern

Gefühl und Verführung Italien/Frankreich/Großbritannien 1995, R: Bernardo Bertolucci, D: Liv Tyler, Jeremy Irons, Sinead Cusack

„Eine morbide Gesellschaft aus gelangweilten Künstlern dämmert in Bertoluccis Toscana zwischen malerischen Hügeln vor sich hin. Mit Lucy, einer zwanzigjährigen Knospe kurz vor dem Platzen, fährt Libido in den verschlafenen Haufen. Bald kreist nicht nur die Kamera um den jungfräulichen Schoß. Doch es dauert, bis der sachte Sexus Einzug hält: einhundertfünzehn penetrante Filmminuten bis zur Penetration. Schwelgerischen Kamerafahrten über Nymphenkörper, italienische Designermöbel und das betont kreative Ambiente verbinden sich zu einer ockerfarbenen Entjungferungselegie.“ (tip) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- und Ziegelhof-Kino

Das Geheimis des Seehundbabys USA 1994, R: John Sayles, D: Jeni Courtney

„Er ist schon ein außergewöhnlicher Filmemacher, dieser John Sayles. Von Drehbüchern für Horrorfilme über historische Sportfilme bis zum sensiblen Beziehungsdrama reicht sein Repertoir. Und dann „verliebt“ sich der Handwerker, der hier neben Drehbuch und Regie auch für den Schnitt verantwortlich zeichnet, derart in eine Novelle aus dem Jahr 1957, daß er mutig in das Land der Feen und Fabeln eintaucht - und das ganz ohne Stars. Das Ergebnis ist ein wunderschönes Fabelmärchen, das man auch den Erwachsenen wärmstens ans Herz legen kann: ein kleines Mädchen erfährt die sagenhafte Geschichte vom Verschwinden seines Bruders und dem Geheimis des Seehundbabys.“ (TV-Spielfilm) Kino 46

Geliebte Aphrodite USA 1995, R: Woody Allen, D: Woody Allen, Mira Sorvino

Der Tragödienchor in dem sizilianischen Amphitheater ist außer sich: im klassischen Stil mit rhythmischer Versform und rituellen Gebärden muß er die eher komischen als tragischen Abenteuer des New Yorker Stadtneurotikers besingen und kommentieren. Allen beginnt nach der leiblichen Mutter des kleinen Jungen zu suchen und stößt dabei ausgerechnet auf eine Prostituierte mit viel Herz und wenig Verstand. Die Szenen zwischen der vollbusigen Linda (Mira Sorvino) und dem schmächtigen Allen gehören zu den besten, die Allen in den letzten Jahren inszeniert hat. Die beiden reden und agieren so extrem aneinander vorbei, daß sich aus jedem Satz und jeder Geste ein neues, komisches Mißverständnis entwickelt. (hip) Atelier

Der Goofy Film USA 1996, R: Kevin Lima

„Er war immer der netteste Kerl in der Disney Familie, deshalb heißt er auch Goofy, was auf deutsch soviel wie „dämlich“ bedeutet. 64 Jahre nach seiner Erfindung ist der liebe Trottel nun Held eines Zeichentrickfilms. Goofy, ein alleinerziehender Vater, ist in Sorge um seinen pubertierenden Sohn Max: Der Schulleiter hält den Teenager für ein gefährliches Gangmitglied. Das Stimmt zwar nicht, aber der erschrockene Vater beschließt, mit Max nach Idaho zum Angeln zu gehen. Vater und Sohn erleben allerhand Abenteuer in diesem Roadmovie, doch die sind alle, wie sollte es anders sein, reichlich goofy. Natürlich ist der Film trotzdem pädagogisch wertvoll, besonders für alleinerziehende Männer, die am klassischen Vater-Sohn-Konflikt arbeiten wollen.“ (Der Spiegel) City, Wall-Kino & Ziegelhof-Kino

Der Hochzeitstag USA 1996, R: Paul Mazursky, D: Cher, Chazz Palminteri, Ryan O'Neal

„Aus der Feder vom Darsteller des Möchtegern-Mörders Chazz Palminteri stammt diese schwarzhumorige Salon-Posse, die aber nicht mehr als besseres Boulevardtheater bietet. Da mag sich Regie-Routinier Mazursky noch so mit Ausflügen in die Außenwelt abplagen - man merkt dem Film stets die Bühnenvorlage an, die Konzentration auf drei Personen. So lebt das ganze von den teilweise amüsanten Ping-Pong-Dialogen und den Akteuren, die tapfer durch die wenig origienelle Story knattern.“ (Bremer) UT-Kino, Apollo Filmstudio

Independence Day USA 1996, R: Roland Emmerich, D: Will Smith, Bill Pullman, Jeff Goldblum

Emmerich und seine drei Drehbuchschreiber bedienten sich unverfroren und geschickt bei den Erfolgsrezepten aus früheren Blütezeiten des Genrekinos: Da ist einmal die paranoide Grundstimmung der Science-Fiction-Filme aus den 50er Jahren mit der Angst vor dem Fremden und den militaristischen Lösungen. Der mittlere Teil des Films erinnert an die Desasterfilme aus den 70er Jahren. Hier werden die Außerirdischen wie eine Naturgewalt dargestellt - wie Erdbeben, Vulkanausbruch und Wirbelsturm in einem. Und schließlich liefert Emmerich einen Gegenentwurf zu den netten Begegnungen der dritten Art von Spielberg, den diese „E.T.s“ sind alles andere als dessen sanfte Märchenfiguren. Emmerich ist immernoch ein recht simpler Erzähler, der ohne jede Ironie zitiert, im Finale so viel wie möglich herumballert und am liebsten an seinen Spezialeffekten herumbastelt. Aber all das verselbstständigt sich diesmal nicht wie in seinen früheren Filmen, sondern wird durch ein smartes Drehbuch und die durchweg erstklassigen Schauspieler veredelt. Gerade Emmerichs Naivität ist vielleicht der Grund, warum „Independence Day“ in den USA solch ein sensationeller Erfolg ist. (hip) Europa, Schauburg / Schauburg auch Originalfassung, Wall- und Ziegelhof-Kino, Solitaire (Westerstede), Lindehoflichspiele (Wildeshausen)

Kondom des Grauens Deutschland 1996, R: Martin Walz, D: Udo Samel, Peter Lohmeyer, Iris Berben

„Auf Realismus verzichtet der Film gescheiterweise. Warum soll eine Comic-Verfilmung aussehen wie das wahre Leben. So tummelt sich ungestraft eine Truppe hinreißend chargierender deutscher Schauspieler in einer Handlung mitten in Manhattan, die eigentlich nach einer amerikanischen Besetzung verlangt. Und was als Krimi beginnt, verwandelt sich unversehens in einen Gruselfilm, und so steigert sich das „Kondom des Grauens“ in ein Trash-Finale hinein, in dem es vor schleimigen, glitschigen Latexkreaturen und anderen Widerwertigkeiten nur so wimmelt. Bloß einen nahezu unentschuldbar schamhaften Kompromiß geht der Film (anders als der Comic) ein: In den zwei Stunden bekommen die Zuschauer keinen einzigen echten Penis zu sehen. (Der Spiegel) Ufa-Palast, Muwi-Filmkunst (OL)

Lügen haben lange Beine USA 1995, R: Michael Lehman, D: Jeanne Garofolo, Uma Thurman

„Dies ist Cyrano de Bergerac mit vertauschten Geschlechterrollen und liefert den Beweis, daß die alten Geschichten frisch aufpoliert immer wieder funktionieren können. Die romantische Komödie mit „Wohlfühl-Effekt“ für diese Saison, wie „Sleepless in Seattle“ im vorletzten und „Während du schliefst...“ im letzten Jahr. Aus dem ersten Vorläufer wurde die Idee geklaut, daß sich jemand in die Stimme eines anderen verliebt. Und so wie Sandra Bullock durch den zweiten endgültig zum Star wurde, wird es auch diesmal mit Jeanne Garofolo geschehen. Uma Thurman spielt hier in erster Linie die dumme Blondine, aber dabei ist sie durchaus witzig und nicht so peinlich wie in einigen ihrer letzten Filme.“ (Christopher Tookey) City, Wall- und Ziegelhofkino (OL)

Lügen und Geheimnisse GB/F 1995, R: Mike Leigh, D: Timothy Spall, Brenda Blethyn

Nach Woody Allens „Geliebte Aphrodite“ und „Flirting with Disaster“ ist dies schon der dritte „Adoptionsfilm“ dieser Kinosaison. Bei Mike Leigh begibt sich die schwarze Optikerin Hortense auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter. Zu ihrer Bestürzung erfährt sie, daß sie von Cynthia geboren wurde - einer weißen Fabrikarbeiterin, die unverheiratet und deprimiert in einem schäbigen Vorort Londons lebt. Leigh ist ein genauer Beobachter des sozialen Lebens in Großbritannien. Er beschreibt mit viel Detailkenntnis und einem genauen Blick für die Schwächen seiner Mitmenschen das Leben von Engländern der Unter- und Mittelschicht; liebt es aber auch, komödiantisch zu fabulieren. „High comedy of low manners“ nannte ein englicher Kritiker einmal seinen Stil. Hier gelingt es Leigh so gut wie noch nie, aus den Sorgen der kleinen Leute großes Kino zu machen. Beim großen Finale schlagen die Emotionen nicht nur auf der Leinwand hoch. Dies ist eindeutig der Taschentuchfilm der Saison, und niemand muß sich sorgen, daß er hier unter seinem Niveau weint. Denn Leigh manipuliert den Zuschauer nicht mit sentimentalen Kinotricks, sondern packt ihn mit einem subtilen und warmherzigen Blick daruaf, wie einige von uns leben. (hip) Cinema, UT-Kinocenter, Casablanca,

Mission: Impossible USA 1996, R: Brian De Palma, D: Tom Cruise, Jon Voight, Emmanuelle Beart

„Vom Cruise Faktor einmal abgesehen, ist „Mission Impossible“ ein Feuerwerk an Vergnügungen. Wenn „Raising Cain“ De Palmas „Psycho“ war und „Obsession“ sein „Vertigo“, dann ist dies sein „Der unsichtbare Dritte“ : eine verwegene Sammlung von Abenteuern an spektakulären Spielorten, durch Absurditäten übermütig unterminiert. Cruise hat in der Rolle des jungen Ethan Hunt scheinbar unerschöpfliche athletische Energie, ein außergewöhnliches Talent für Verkleidungen; und er wird erwachsen, indem er jedem misstraut. (Sight and Sound) UT-Kinocenter, UFA-Palast

Natural Born Killers USA 1994, R: Oliver Stone, D: Juliette Lewis, Woody Harrelson, Tommy Lee Jones

Als „pfiffige Satire“ bezeichnete ein Kollege diesen Film in der Bremer Taz, aber damit ist er nur einer von Vielen, die den Sprüchen von Oliver Stone auf den Leim gekrochen sind. Die Medienschelte ist nur ein dünnes Deckmäntelchen und Stone präsentiert die Gewalt mindestens ebenso knallig, bunt und spekulativ wie die Fernsehsender, deren Methoden er zu kritisieren vorgibt. (hip) Modernes

Nessie - Das Geheimnis von Loch Ness Großbritannien 1995, R: John Henderson, D: Ted Danson, Joely Richardson, Ian Holm

„Ein geschiedener, dem Alkohol zuneigender amerikanischer Wissenschaftler erhält von seinem Chef eine letzte Chance: mit modernster Technik soll er in Schottland beweisen, daß das legendäre Ungeheuer Nessie nicht existiert. Die einfallslose Handlung diese Kinderfilms sorgt für anderthalb Stunden Langeweile. Nicht einmal die Landschaftsaufnahmen überzeugen.“ (tip) Casablanca, UT-Kinocenter

Phenomenon USA 1996, R: Jon Turteltaub, D: John Travolta, Robert Duvall

„Naive Halbtrottel mit einem Herz aus Gold sind John Travoltas Spezialität. Hier ist er ein einfacher Mechaniker, der nach Kontakt mit einem Lichtblitz plötzlich erstaunliche Fähigkeiten entwickelt. Er liest vier Bücher pro Tag, lernt Portugiesich in einer halben Stunde und läßt Kugelschreiber schweben. Die Lösung ist ebenso dramatisch wie blödsinnig. Einiges an diesem Film erinnert an die Denkart der von Travolta verehrten Scientology-Kirche. Das macht „Phenomenon“ trotz aller rührseligen Nettigkeit dann fast zum Ärgernis.“ (TV-Spielfilm) UFA-Palast, Wall- und Ziegelhof-Kino

The Rock USA 1996, R: Michael Bay, D: Sean Connery, Nicolas Cage, u.a.

„Dies ist eindeutig der beste Actionfilm seit „Die Hard I“ und wird garantiert der Kassenschlager des Sommers. Aber wer die Klischees mit soviel Frechheit und Witz präsentiert, verdient den Erfolg. Die Autojagd ist wie in „Bullit“ - nur besser, die Achterbahnfahrt im unterirdischen Labyrinth ist wie bei „Indiana Jones“ - nur besser, und alle ziehen ihre Waffen zur gleichen Zeit wie bei „Reservoir Dogs“ - nur besser. Und dann ist da Sean Connery in einer seiner besten Vorstellungen. Wenn er auf der Leinwand erscheint, gibt er allem einen zusätzliche Kick mit seiner Autorität, seiner Selbstironie und seiner Aura des Gefährlichen. „The Rock“ ist ein Boys-Movie, aber auch die Girls haben ihren Spaß, denn Connery ist auch in seinem Alter noch ganz schön sexy.“ (Christopher Tookey) Ufa-Stern, UT-Kinocenter

Rules of the Road Deutschland 1994, R: Olivier Herbrich / Originalfassung mit deutschem Kommentar

„Oliver Herbrich beginnt seine Reise mit den irischen Travellern in London. „Rules of the Road“ ist aber alles andere als eine Rückkehr ins Paradies, denn auch auf der grünen Insel haben sich die Lebensbedingungen für die sogennanten Tinker radikal verschlechtert. Seit Jahrhunderten fuhren die Traveller durch Irland, sie waren als Kesselflicker, Wahrsager, Märchenerzähler, Scherenschleifer und Altwarensammler unverzichtbar für die seßhafte Bevölkerung. (tip) Kino 46

Sinn und Sinnlichkeit England 1995, R: Ang Lee, D: Emma Thompson, Hugh Grant

Statt aus der episch breiten Story um die Dashwood-Schwestern und ihrem Liebeswerben eine flache Ausstattungorgie a la Merchant Ivory zu machen, hat Ang Lee so viel Laura Ashley- Athmosphäre wie nötig und so viel ironische distanz wie möglich in seinen Film gesteckt. (Mu) Gondel

Smoke USA 1994, R: Wayner Wang, D: William Hurt, Harvey Keitel

„Wer sich keine Zeit zum Hinsehen nimmt, wird niemals etwas sehen: Paul Austers Leitsatz sagt alles aus über die Wunder des Films und die unscheinbaren Veränderungen des Alltags. Basierend auf dessen Drehbuch erzählt Wayne Wang in raffiniert aufgebauten Episoden von den Erlebnissen eines guten Dutzend Personen, deren Wege sich in Auggie Wrens Tabakladen kreuzen. Eine Schule des Sehens und Zuhörens mit vorzüglichen schauspielerischen Leistungen, allen voran Harvey Keitel und William Hurt.“ (Broadway) Modernes

Striptease USA 1996, R: Andrew Bergman, D: Demi Moore, Burt Reynolds

„Bergmans Versuch, Familiendrama, Thriller und Komödie mit einem Schuß Erotik zu einem unterhaltsamen Film zusammenzubacken, wirkt bemüht und zwischenzeitlich auch ziemlich langatmig. Es ist die Situationskomik am Rande, die dem Film einen gewissen Unterhaltungswert verschafft. Aber auch hier tut Bergman zuviel des Guten, und verschenkt einiges an Biß, wenn er gute Einfälle zu Running Gags verlängert und ohne Tiefgang verpuffen läßt. Ähnliches gilt auch für die erotischen Wirkungen, die der Titel verspricht: diese wollen sich, trotz des beachtlichen „tits & ass quotient“ (Variety), um so weniger einstellen, je häufiger sich Demi Moore in übertrieben aufreizender Gangart über den Laufsteg bemüht. Über ihre zukünftigen Gagen wird man nach diesem Film wohl neu nachdenken.“ (epd-film) City

Tim und Struppi am Haifischsee Belgien/Frankreich 1972 1972, R: Raymond Leblanc

Steven Spielberg hat ja schon vor Jahren versprochen, eine Spielfilmversion von einem Tim und Struppi-Comic zu machen. Aber solange wir noch auf Harrison Ford mit Tims toller Haartolle warten müßen, bleibt uns immerhin dieser Zeichentrickfilm, der im Fernsehen alle Jahre wieder im Vormittagsprogramm wiederholt wird. (hip) Gondel

Trainspotting Großbritannien 1995, R: Danny Boyle, D: Ewan McGregor, Ewen Bremner

„Trainspotting war einmal ein Buch, das Theaterstück wurde und dann Film. Dieser fischt bevorzugt die komödienhaften Elemente aus dem Stoff heraus und treibt sie auf die Spitze. Lustig splattert der Kot, mit dem Spud sich im Drogendelirium nächtens eingesaut hat, beim Frühstück über Gesichter und gebackene Bohnen. Schon lacht das Kino. Dann wieder kommt riesengroß DIE SPRITZE ins Bild und macht uns gruseln - so nah liegt alles beieinander! Die Szene, in der Renton zwei unfreiwillig verlorenen Opiumzäpfchen aus einer verstopften Toilette fischt, hat Regisseur Dany Boyle (“Kleine Morde unter Freunden“) als surrealistischen Slapstick inszeniert - einmal in die Kanalisation des Unbewußten und zurück. (taz) Schauburg, UFA-Stern, Casablanca (OL)

Twister USA 1996, R: Jan De Bont, D: Bill Paxon, Helen Hunt

„Wirbelwunder von Jan De Bont. Wenn Stürmen ein Rüssel wächst, so die Filmlogik, dann haben Wolken ein Geschlechtsleben. Anders als einst im „Zauberer von Oz“ erzählen die Tornados aber keine Wundergeschichten: sie entstammen dem Computer und sind, trotz starker Ouvertüre, nach der dritten Wetterwarnung kaum spannender als der gewohnte Sturm im Wasserglas.“ (Der Spiegel) UT-Kinocenter, Ufa-Palast,Wall- und Ziegelhofkinos (OL) Solitaire (Westerstede)

Two Girls in Love USA 1995, R: Maria Maggenti, D: Laurel Holoman, Maggie Moore

„Dies ist ein Film über die erste große Liebe. Über verstohlene Blicke auf dem Schulhof. Über den ersten Kuß und die Aufregung darüber und den Kaugummi, den man dabei aus dem Mund zu nehmen vergessen hat, usw. All das hat Maggenti zwar ganz konventionell gefilmt, aber so rührend, daß einem ohn' Unterlaß das Herz ganz weich wird. Was „Two Girls in Love“ aber heraushebt aus den Fließbandschmonzetten, ist die Tatsache, daß sich hier zwei 17jährige Mädchen ineinander verlieben. Und vor allem der Umstand, daß daraus kein Aufheben gemacht wird.“ (taz) Gondel

Ulysses Großbritannien 1966, R: Joseph Strick, D: Milo O'Shea, Barabara Jefford

„Die Sprache des James Joyce setzt ungeheure Bilder frei. Und hier findet der Film von Joseph Strick seinen Glanz und seine Grenze. Er ist hervorragend dort, wo Joyce „filmisch“ schreibt: Im Assoziativen. In den Schreckensgedanken verdrängter Erlebnisse. Im Bereich eines spirituellen „action“-Films. Er hat seine Schwächen zwangsläufig dort, wo Sprache nicht in Bild verwandelt werden kann, wo Monologe „zitiert“ werden müßen. Soweit sich also aus einem literarischen Riesendiamanten überhaupt kostbare Einzelstücke herausschleifen lassen, schliff Strick ebenso phnatasievoll wie gewissenhaft.“ (Ponkie) Kino 46

Der Unhold Deutschland/Frankreich/Großbritannien 1996, R: Volker Schlöndorf, D: John Malkovich, Marianne Sägebrecht, Volker Spengler

John Malkovich gibt der Rolle des seltsamen Filmhelden, der sich wie eine Märchenfigur, wie der Erlkönig durch das deutsche dritte Reich bewegt, genau die richtige Mischung aus Unschuld, Bosheit und unmenschlicher Stärke, durch die der Film wie eine Mischung aus Mythos und Geschichte wirkt. Schlöndorf wagt hier viel: er zitiert nicht nur deutsche Stummfilmklassiker wie „Siegfried“ und „Der Golem“ sondern auch Leni Liefenstahls so verführerische Propagandafilme. (hip) Schauburg, Gondel; Wall-und Ziegelhof-Kino

Das weiße Zauberpferd Irland 1992, R: Mike Newell, D: Gabriel Byrne, Ellen Barkin

„Drehbuchautor Jim Sheridan liefert nach „Mein linker Fuß“ eine seifige Geschichte vom Leben unter den Tinkern. Der ehemalige König der Travellers Papa Riley wird von dem Vorhaben, seinen Söhnen ein normales Heim zu bieten, abgebracht, nachdem Großvater Ward von seinen Reisen zurückkehrt und neben phantastischen Geschichten auch ein weißes Pferd mitbringt. Kino 46, Bgh. Vegesack

Werner – Das muss kesseln Deutschland 1996, R: Michael Schaak, Udo Beißel

„Glücklicherweise waren die Produzenten diesmal klug genug, auf eine störende Rahmenhandlung zu verzichten. Daher präsentiert sich der neue Werner als „100 % Trickfilm“, als sinnfreier Zeichentrickspaß mit extrem hohem Kult- und Bölkstoff-Gehalt.“ (V. Bleek) Ufa-Stern, UT-Kinocenter

Wolfsblut USA 1990, R: Randal Kleiser, D: Klaus Maria Brandauer, Ethan Hawke, Seymour Cassel

„Auf der Suche nach der Goldmine seines verstorbenen Vaters freundet sich ein Halbwüchsiger im eisigen Winter Alaskas mit einem verwaisten jungen Wolf an. Eine Disney-Produktion, die Jack Londons Roman auf die Dimension eines Kinderfilms vor pseudo-realistischem Hintergrund reduziert. Auch von der Machart her reicht es nur zu einem mäßig fesselnden Abenteuer vor imposanter Naturkulisse.“ (Lexikon des internationalen Films) Schauburg, UFA-Palast

Words upon the Window Pane Irland 1994, R: Mary McGuckian, D: Ian Richardson, Geraldine Chaplin, Geraldine Richardson

„An einem stürmischen Abend kommt Mr. Henderson, ein Medium aus England, in Dublin an, um im Haus von Stella, die vor Jahrhunderten die Geliebte von Jonathan Swift war, eine Seance abzuhalten. Die Sitzung entwickelt sich viel dramatischer und heftiger als erwartet und lange begraben geglaubte Leidenschaften brechen hervor in einer Seance mit drastischen Konsequenzen. Mary McGuckians Debütfilm, die Adaption eines Stücks von W B Yeats, ist ein schön inszeniertes Kammerspiel, das durch eindrucksvolle Leistungen von Richardson und Chaplin unterstützt wird.“ (Sheila Whitaker) Kino 46

Zurück nach Hause USA 1992, R: Duwayne Dunham

„Shadow, Chance und Sassy heißen die vierbeinigen Hauptdarsteller dieser Disney Produktion. Wer allerdings einen Tierfilm erwartet hat, sieht sich getäuscht. In einer wohlkalkulierten Midchung aus „Kuck mal wer da kommt“ und „Benji“ läßt Regisseur Dunham die Tiere nämlich wie Menschen sprechen und agieren: der Schnitt und die Synchronstimmen von Georg Thomalla, Pascal Breuer und Senta Berger machen es möglich. (epd-film) Schauburg

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