Opposition gegen Gesundheitsmuffel

Bündnisgrüne und PDS fordern, daß Berlin Mitglied im Gesunde-Städte-Netzwerk werden soll. Während die Gesundheitsverwaltung noch immer mauert, haben die Bezirke schon reagiert  ■ Von Julia Naumann

Eine Vision: Saubere und sichere Lebensbedingungen, eine vitale und ökologisch ausgerichtete städtische Wirtschaft und die massive öffentliche Teilhabe und Kontrolle über Entscheidungen, die die Gesundheit der BürgerInnen beeinflussen.

Diesen hehren Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für eine „healthy City“, eine gesunde Stadt, haben sich in Deutschland immerhin rund 40 Städte und Kommunen verpflichtet und sind mittlerweile Mitglied im weltweiten „Gesunde-Städte- Netzwerk“. So versuchen zum Beispiel Köln und München, neue Strategien zur Gesundheitsförderung in Ballungsgebieten zu entwickeln. Der Anspruch ist etwa, nicht einfach eine neue Straße zu bauen, sondern gemeinsam mit AnwohnerInnen, Umweltschutzvereinen und PolitikerInnen zu planen oder im besten Falle eine Alternative zum Straßenbau zu beschließen. Bündnisgrüne und die PDS fordern nun, daß auch Berlin sich endlich im „Gesunde-Städte- Netzwerk“ engagieren soll. Bisher haben sich lediglich vier Bezirke, Hohenschönhausen, Hellersdorf, Wedding und Charlottenburg, angeschlossen.

„Berlin als ganzes, als Hauptstadt, muß Mitglied werden“, sagt der bündnisgrüne gesundheitspolitische Sprecher Bernd Köppl. Die Kompetenzen der Bezirke würden nicht ausreichen, um eine „gesunde Stadt“ zu entwickeln. Doch die Gesundheitsverwaltung mauert. Der zuständige Referatsleiter Peter Bargstedt befürwortet zwar die Ziele des Projekts und „wünscht sich“, daß alle 23 Bezirke bei der Initiative mitmachen. Eine Vertretung des Landes lehne die Senatsverwaltung jedoch ab. Dafür gebe es rein formale Gründe: Bezirke und Land können bisher nicht gleichzeitig Mitglied sein. Für Köppl ist diese Begründung jedoch „vorgeschoben“, denn auf einem der nächsten Vernetzungstreffen sollen die Aufnahmemodalitäten derart geändert werden, daß künftig auch Charlottenburg und Berlin Mitglied sein können. Bernd Köppl vermutet, daß die Gesundheitsverwaltung einfach „kein Interesse habe“, innovative Ideen zur Gesundheitsförderung auf die politische Tagesordnung zu bringen. Die Verwaltung zeichne sich vielmehr durch eine „autoritäre Führung“ und „Bettenzählerei“ aus.

Auch Johannes Spatz kritisiert, daß die Stadt „ein gesundheitspolitisches Entwicklungsland“ sei. Spatz koordiniert die Hohenschönhausener Mitgliedschaft im Städte-Netzwerk. Zwar müsse die „Schubkraft“ aus den Bezirken kommen, doch die „Rahmenbedingungen muß der Senat bestimmen“, meint Spatz. So könne zum Beispiel ein Bezirk den Verkehr einer Hauptstraße nicht eigenständig auf Tempo 30 begrenzen. Hohenschönhausen, seit Januar Mitglied, sei jedoch einer „gesunden Stadt“ schon ein wenig näher gekommen. So gebe es neuerdings eine enge Kooperation mit der Verkehrspolizei: „Wir diskutieren gemeinsam über die Unfallschwerpunkte und können so kooperativer neue Ampeln und Verkehrsschilder einsetzen“, sagt Spatz. Kreuzberg möchte in den nächsten Monaten ebenfalls eine gesündere Kommune werden und beim „Gesunde-Städte-Netz“ mitmachen. Der Bezirk möchte sich dabei besonders um die MigrantInnen kümmern und plant als Schwerpunkt ein „ethno-medizinisches“ Gesundheitszentrum.