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Europarat fürchtete Anarchie in der Medizin

■ Die Parlamentarische Versammlung des Europarates unterstützte gestern die umstrittene Bioethik-Konvention. Die Deutsche Delegation stimmte dagegen

Straßburg (taz) – Die Bioethik- Konvention steht vor der Verabschiedung. Mit großer Mehrheit befürwortete gestern in Straßburg die Parlamentarische Versammlung des Europarates den umstrittenen völkerrechtlichen Vertrag, der die Menschenrechte in der modernen Medizin sichern soll. Die Abgeordneten aus 39 europäischen Parlamenten forderten jedoch zahlreiche Verschärfungen.

Nach teilweise leidenschaftlicher Diskussion stimmte gestern eine große Mehrheit der 281 Abgeordneten für den Konventionsentwurf. „Wenn wir heute diese Konvention ablehnen, dann ist sie tot und das hieße: Anarchie in der europäischen Biomedizin“, warnte der Schweizer Sozialdemokrat Gian-Reto Plattner. Zumindest ein „gemeinsamer Sockel“ an Schutzvorschriften sollte bei medizinischer Forschung, Organtransplantation und genetischen Tests eingeführt werden. „Sonst“, so Plattner, „wandern Forscher aus Ländern mit hohem Schutzniveau in Staaten ab, die noch gar keine Regelung haben“.

Die Delegation des deutschen Bundestags konnte dieses Plädoyer jedoch nicht überzeugen. Parteiübergreifend stimmten fast alle Unions- und SPD-Abgeordneten gegen den Entwurf. Unter dem Beifall der Zuschauerränge rief Robert Antretter (SPD) die Versammlung dazu auf, „ein lästiger Störfaktor“ für diejenigen zu sein, die von der Wissenschaft zu sehr fasziniert seien.

Immerhin fanden sich noch Mehrheiten für einige wichtige Änderungswünsche. So soll bei Gentests der Datenschutz gesichert werden. Die Geschlechtswahl in der Reproduktionsmedizin soll auch zur Vermeidung von Erbkrankheiten ausgeschlossen sein. Den MitarbeiterInnen des Gesundheitswesens soll außerdem ein Verweigerungsrecht aus Gewissensgründen garantiert werden.

Keine Mehrheit fand sich jedoch für die Forderung, die Forschung mit Embryonen völlig zu verbieten. Noch weniger Abgeordnete unterstützten das völlige Verbot der Forschung mit Kindern, Altersverwirrten und geistig Behinderten.

In Deutschland ist die Forschung mit Demenzkranken und geistig Behinderten ebenso verboten wie die Empbryonenforschung. Diese Verbote sind durch die Konvention nicht berührt, da diese lediglich Mindeststandards definiert.

Die letzte Entscheidung über die Konvention wird im Oktober das Ministerkomitee des Europarates haben. Eine Annahme in diesem Gremium gilt zwar als sicher. Offen ist aber, welche Änderungsanträge der ParlamentarierInnen in die Konvention übernommen werden. Christian Rath

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