Ein Angebot für die breite Masse

■ Interview mit Frank Kretzschmar, Geschäftsführer der Karstadt-Sporthäuser: Standort Friedrichstraße ist eine Zukunftsinvestition. Keine Sorge vor Niedergang der City West

taz: Karstadt eröffnet am 16. Oktober gleich zwei neue Sporthäuser: eines im Westteil der Stadt, eines im Ostteil. Welche Strategie steckt dahinter?

Frank Kretzschmar (32): Wir haben ein sehr erfolgreiches Sporthaus im Forum Steglitz. Ansonsten aber gibt es in Berlin bislang keine großflächigen Sportanbieter. Da war es naheliegend, unser in anderen Städten erfolgreiches Konzept auch in Berlin zu versuchen.

Haben beide Standorte die gleiche Bedeutung?

Ja, von der strategischen Planung her sind sie gleichwertig. Sie sind insofern unterschiedlich, weil das Haus am Zoo mit 6.000 Quadratmetern sehr viel größer ist als das an der Friedrichstraße mit 3.000. Was die Marktbearbeitung angeht, wird sicherlich das Haus in Mitte wesentlich wichtiger, weil wir dort den etwas schwierigeren Standort angehen.

Müssen Sie das Zielpublikum im Ostteil erst entwickeln?

Das Zielpublikum für den Sportartikelbereich gibt es im Ostteil bereits. Am Standort Zoo versuchen wir natürlich nicht nur die Berliner anzusprechen, sondern auch die Touristen. Unser Zielpublikum sind zum Großteil sicherlich jüngere Leute. Aber auch andere Altersschichten treiben heute Sport. Inline-Skating ist sicherlich eine Imagesportart, aber Trecking oder Ski oder Jogging, da kann man einfach nicht mehr sagen, daß dies nur junge Leute sind.

Welche Entwicklung erwarten sie an der Friedrichstraße?

Das ist für uns eine Investition in die Zukunft. Es wäre blauäugig zu erwarten, daß wir dort sofort die großen Erfolge haben werden. Aber dieser Standort wird in zwei, drei Jahren sehr attraktiv sein. Deswegen möchten wir dort einen Fuß in der Tür haben.

Achtzig Prozent Leerstand ist kaum das richtige Umfeld für einen attraktiven Umsatz.

Das können die Zeitungen schreiben, das ärgert mich überhaupt nicht. Die Realität ist: das Quartier 205 ist mittlerweile zu achtzig Prozent ausgebucht. Wichtig ist, daß es im Umfeld einen vernünftigen Mix gibt. Nur dann zieht es die Kunden in Massen an. Der Mix entwickelt sich dort und ist teilweise schon da, beispielsweise was die Gastronomie angeht mit „Planet Hollywood“. H&M kommt jetzt und das Jagdgeschäft Frankonia ebenfalls. Dann werden sich viele andere Kleinere im Quartier 205 plazieren. Im Quartier 206 ist relativ wenig vermietet. Nötig ist, daß der ganze Block, angefangen von den Galeries Lafayette im Block 207 bis zum Quartier 205 eine geschlossene Einheit wird. Wenn die unterirdische Passage, die die Blöcke verbindet, zeitgleich mit uns Mitte Oktober aufmacht, wird das wesentlich interessanter für alle Kunden sein. Unter dem Quartier 205 werden mehrere Obstgeschäfte aufgemacht und kleinere Catering-Betriebe und Bistros. Das wird eine sehr interessante Sache. Bislang ist ja im Umfeld noch nicht sehr viel Gastronomie vertreten. Es gehört eben zum Einkaufserlebnis dazu, daß man noch irgendwo eine Tasse Kaffee trinken kann.

Immer wieder wird berichtet, das Konzept der Galeries Lafayette funktioniere nicht.

Wir haben das analysiert. Die Zeit ist allerdings noch viel zu kurz, um zu sagen, deren Konzept ist ein Erfolg oder Mißerfolg. Lafayette kommt mit einem neuen Konzept, und das braucht Durchhaltevermögen. Karstadt hat es da einfacher, weil wir mit einem erprobten und erfolgreichen Konzept in die Friedrichstraße kommen.

Welches Leitbild haben Sie für die Friedrichstraße?

Wie sich das wirklich entwickelt, weiß ich nicht. Unsere Marktuntersuchungen gehen davon aus, daß die Friedrichstraße einen etwas edleren Touch bekommt. Das sieht man heute schon an den Gebäuden und an den dort vertretenen Geschäften. Früher war die Friedrichstraße der Mittelpunkt Berlins, und ich glaube, es werden die richtigen Ansätze gemacht, daß es wieder in diese Richtung geht. In welchem Zeitrahmen das passiert, kann man heute kaum einschätzen.

Derzeit gibt es einen Mix von Luxusgeschäften wie Escada und Mercedes-Benz, daneben aber auch H&M oder „Planet Hollywood“. Setzen Sie auf das gehobene Zielpublikum und den Zielpunkt Luxusmeile Friedrichstraße?

Nein, ganz klar ist: Wir werden dort nicht nur ein höherwertiges Sortiment haben. Uns ist es ganz wichtig, daß dieser Standort nicht als Edelhaus dargestellt wird. Es wird sicherlich von der Ausstattung und Einrichtung ein sehr qualitätvolles Haus sein, aber das Angebot wird sich an alle interessierten Kunden richten. Sowohl an den sportbegeisterten Berliner als auch an Touristen. Wir wollen die breite Masse ansprechen.

Verbinden Sie mit der Friedrichstraße das Bild einer Fußgängerzone oder eher die Vorstellung einer brausenden Verkehrsader?

Das wird keine brausende Verkehrsader. Es wäre sicherlich eine gute Entscheidung, die Friedrichstraße zur Fußgängerzone umzugestalten. Die jetzigen schmalen Bürgersteige können kaum die zu erwartende Zahl von Menschen bewältigen. Für den Handel ist aber sowohl eine gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln als auch mit dem Auto wichtig, weil wir auch größere Dinge verkaufen und der Kunde nicht bereit ist, mit Skiern oder einem Heimtrainer mit der BVG durch die halbe Stadt zu fahren.

Das Karstadt Sporthaus am Zoo im ehemaligen Bilka-Haus gehört zur City West, ist ein fester Begriff. Was muß sich in der City- West ändern, damit sie weiterhin gegenüber der Friedrichstraße ein attraktives Feld bleibt?

So wie wir jetzt das ehemalige Bilka-Haus umbauen, wird sich am Zoo in den nächsten Jahren einiges an Sanierung tun müssen. Mit diesem komplett denkmalgeschützten Haus im Stil der fünfziger Jahre und der dreißig Meter weiten Lichtkuppel kann man etwas Tolles machen. Andere Investoren gehen denselben Weg. KaDeWe ist bereits fertig und P&C, und auch Wertheim wurde neu gestaltet. Wenn das „step by step“ gemacht wird, dann bleibt auch die City West in der Zukunft sehr interessant. Die manchmal geäußerte Sorge vor dem Niedergang des Ku'- damms kann ich nicht teilen.

Die Friedrichstraße ist Entwicklungsgebiet, mit dem Sporthaus am Zoo geht man in eine existierende Struktur?

Ja. In der Friedrichstraße wollen wir präsent sein. Dort muß etwas bewegt werden, um in Zukunft gute Geschäfte machen zu können. Das wird sehr viel schwieriger als am Standort des Sporthauses am Zoo. Dort gehen wir von guten Erfolgen aus. Wir wollen das Karstadt Sporthaus am Zoo so entwickeln und auch touristisch so interessant machen, daß es nicht nur bei den Berlinern im Gespräch ist, sondern auch weit über Berlin hinaus. Wir sprechen dort ein größeres Zielgruppenpublikum an, bedingt auch durch die größere Fläche. Die Friedrichstraße wird ein sehr gutes und großes Sporthaus, aber das Sporthaus am Zoo wird etwas Besonderes. Interview: Gerd Nowakowski