Brückenschlag für Castor aus Neckarwestheim

■ Neue Neckarbrücke erforderlich, weil Castorbehälter 207 Tonnen wiegt

Berlin (taz) – Anfang November gibt es nicht weit entfernt von Neckarwestheim eine ganz besondere Premiere: Dann wird die erste Brücke Deutschlands eingeweiht, die nur für den Abtransport von hochradioaktivem Atommüll errichtet wurde. Der knapp 10 Millionen Mark teure Brückenschlag von einem Neckarufer zum anderen ist die technische Voraussetzung dafür, daß zwei jeweils 207 Tonnen schwere Castorbehälter überhaupt – wie geplant – im Winter oder im nächsten Frühjahr nach Gorleben rollen können.

Daß es ohne die neue Brücke nicht geht, hängt damit zusammen, daß man beim Bau der beiden Neckarwestheimer Atomkraftwerke schlicht den sonst obligatorischen Gleisanschluß vergessen hat. Deshalb muß die radioaktive Fracht zunächst per Schwerlasttransport den Neckar überqueren, um dann im Kohlekraftwerk Walheim auf Schiene umgeladen zu werden. „Wir haben damals halt gedacht“, verrät ein Kraftwerkssprecher hinter vorgehaltener Hand, „die Brennelemente werden eingepackt, abtransportiert, und das isses.“

Jahrelang donnerte der Atommüll auf dem Weg zur französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague im Nachbarort Lauffen über den Neckar – bis sich nach einer Blockade von Atomkraftgegnern eher beiläufig herausstellte, daß die dortige Brücke für das Gewicht gar nicht zugelassen war. Daraufhin wechselten die Betreiber die Route und benutzten den Kirchheimer Neckarübergang. Für den Castor V/19, der samt Fahrzeug 60 Tonnen mehr auf die Waage bringt als der für La Hague verwendete Behälter, ist diese Brücke aber nicht stabil genug.

Deshalb wird seit Monaten an einer neuen Brücke gebaut, die später einmal die alte ersetzen und auch für den öffentlichen Verkehr freigegeben werden soll. Die gesamten Kosten trägt das Gemeinschaftskernkraftwerk Neckar (GKN) – mithin der Stromkunde. „Rein rechtlich“, läßt man im Atomkraftwerk gerne durchblicken, sei man dazu allerdings keineswegs verpflichtet gewesen.

Um so größer ist die Freude beim Landkreis Ludwigsburg. Schließlich hätte das alte Bauwerk doch irgendwann mit Steuergeldern renoviert werden müssen. Weil man sich aber durchaus auch der Ökologie verpflichtet fühlt, wurde dem GKN in harten Verhandlungen ein zusätzlicher Radweg abgerungen, freut man sich im Landratsamt. Den lokalen Atomkraftgegnern reicht das nicht. Sie haben für den 19. Oktober zu einer Demonstration aufgerufen. Motto: Brückenschlag. Klaus Stark