Endlich der große Wurf?

■ Schäuble präsentiert die Steuerreform der Union

Schneller als gedacht hat die CDU konkrete Vorschläge zu einer tiefgreifenden Steuerreform vorgelegt. Während sie sich vor einigen Jahren noch schwertat, den Spitzensteuersatz von 56 auf 53 Prozent zu senken, soll dieser jetzt gleich um 18 Prozent sinken, dazu der Eingangssteuersatz um mehr als sechs Prozent auf unter 20. Das ist gerade in Anbetracht leerer Kassen eine mittlere Sensation. Zudem soll es ernsthaft auch den Vermögenden an den Kragen gehen, die bisher übermäßig von Steuertricks und Abschreibungen profitieren. Die Regierung will zeigen, daß sie nicht nur flickschustern, sondern konzeptuell etwas voranbringen kann.

Die Reformvorschläge kommen um so überraschender, als sich Finanzminister Waigel erst am Montag zum erstenmal zu einer Reform bekannte – allerdings eher vage. Konkrete Vorschläge, wie eine Steuersenkung zu finanzieren sei, fehlten. So entsteht der Eindruck, daß nicht Waigel die treibende Kraft war, sondern von CDU-Fraktionschef Wolfgang Schäuble zum Jagen getragen worden ist. Es war Schäuble, der schon vor Wochen einen Steuerrahmen von 20 bis 40 Prozent in die Debatte geworfen hatte. Bezeichnend ist auch, daß sich Schäuble am Montag bei der Bareis-Kommission entschuldigte, daß deren Gutachten zur Steuerreform vor drei Jahren im Papierkorb des Finanzministeriums gelandet war.

Die Opposition muß nun den CDU- Plan auf soziale Gerechtigkeit hin abklopfen und Gegenvorschläge machen. Ansatzpunkt ist, daß die Vermögenden von den Steuersenkungen scheinbar unverhältnismäßig stark profitieren. Aber die Einkommensschwachen haben vermutlich auch etwas von der Reform, und wenn Schäuble ernst macht mit der versprochenen größeren Steuergerechtigkeit, werden vor allem jene draufzahlen müssen, die bisher genug Geld zum Tricksen hatten. Es ist zu hoffen, daß die kleinlichen Bedenkenträger jetzt nicht zuviel Einfluß gewinnen. Jeder mag aus seiner Sicht recht haben, wenn er seine Pfründe sichert. Andererseits führt eine Steuersenkung in dem geplanten Ausmaß dazu, daß Nachteile wohl zum größten Teil mehr als wettgemacht werden. Einzelfallgerechtigkeit ist zwar gut und schön. Aber leider führt sie allzu oft dazu, daß alles nur komplizierter und dadurch ungerechter für alle wird. Markus Franz