Provinz-Dramen

■ 3. Festival „Politik im Freien Theater“: 18 Produktionen aus Stadt und Land

1988 war es in Bremen, 1993 in Dresden und in diesem Jahr ist es wieder in Bremen zu Gast: Das Festival „Politik im Freien Theater“ erlebt seine dritte Auflage. Aus 200 Produktionen wurden 18 ausgewählt, inszeniert von 15 überregionalen und drei Bremer Theatergruppen. Ziel des Festivals, das die Bundeszentrale für politische Bildung mit der Landeszentrale und dem Kultursenator vom 15.-24. November veranstaltet: neue Vermittlungswege von Politik über das Medium Theater zu schaffen. Wobei Theater als gewissermaßen unzeitgemäßes, weil langsames Medium sich geradezu anbot: als eine der wenigen nicht auf tagesaktuelle Tendenzen ausgerichteten Kunstformen. Voraussetzung für die Bewerbung zum Festival: „Professionalität und eine deutliche, ästhetisch adäquat umgesetzte Stellungnahme zu politisch-sozialen Themen der Gegenwart“.

Diesen Kriterien wurden interessanterweise auch mehrere Truppen abseits der Metropolen gerecht. Das Dorftheater „Chawwerusch“ aus 76863 Herxheim in der Südpfalz liefert mit dem Einpersonenstück „Amiwiesen“ die Geschichte eines Frauenschicksals: Die Geliebte eines amerikanischen Offiziers überwindet gesellschaftliche Schranken, doch als der Amerikaner in seine Heimat zurückkehrt, wendet sich der soziale Aufstieg ins Negative, die Frau wird zum „Amiflittchen“. Oder das Theater Lindenhof auf der Schwäbischen Alb, das einen Tanzsaal zur festen Spielstätte umgewandelt hat. „Nacht oder Tag oder jetzt“ heißt die auf der Alb angesiedelte „Hexengeschichte“ aus dem Jahre 1596, in der eine Frau innerhalb kurzer Zeit ihre gesamte Familie verliert – und dann den Verstand. Bald steht für die Dorfbewohner fest: „Sie ist eine Hex'.“

Thematische Schwerpunkte des Festivals: Nationalsozialismus, Frauen, Ost/West-Konflikt. Das Theater links der Isar kommt mit Rolf Hochhuts „Wessis in Weimar“, das Theater des Lachens (Frankfurt/Oder) bietet eine gegen den Strich gebürstete Version von Tschechows „Kirschgarten“.

Eine Bremer Fenster getaufte Programmschiene zeigt einheimische Theaterkunst: Das Junge Theater bringt seine Inszenierung von David Mamets Psychodrama „Oleanna“, eine mit allen dramatiaschen Mitteln geführte Konfrontation eines Professors und einer Studentin, die ihm sexuelle Belästigung zur Last legt. Die Shakespeare Company präsentiert im Rathaus-Festsaal „König Richard II.“, und das Schnürschuh-Theater zeigt „Orlando Nuñez oder Die Firma verzeiht einen Augenblick des Wahnsinns“.

Zahlreiche Diskussionsveranstaltungen im Anschluß an die Aufführungen und festivalbegleitend sollen für den gewünschten aufklärerischen Impetus sorgen. Am 23. November schreitet die Festival-Jury unter dem Vorsitz von Henning Rischbieter zur Preisverleihung im Foyer des Theaters am Leibnizplatz. Mu

Kartenvorverkauf ab 25.10. im Theater am Goetheplatz. Mo-Fr 13-18 Uhr, Sa 11-14 Uhr, % 3653-333, Festival-Hotline ab 15.10. % 361-10544.