Giros-Spieß gegen Knöllchenschreiber

■ Wildwest im Steintor / Stadtamt zog VerkehrsüberwacherInnen zurück

Begossen, bespuckt, bedroht – VerkehrsüberwacherInnen haben es nicht leicht. Ganz besonders schwer haben es die knöllchenschreibenden MitarbeiterInnen des Stadtamtes offenbar im Steintor. Da ist die Lage Ende August dermaßen eskaliert, daß Stadtamts-Chef Hans-Jörg Wikens seine Leute für drei Wochen aus dem Verkehr ziehen mußte. „Aus Fürsorgepflicht“, wie Wilkens gestern erklärte. Trauriger Höhepunkt: Ein Verkehrsüberwacher war zuerst von einer Gruppe von Männern umringt, und dann von einem mit dem Messer bedroht worden. Der Mann in Uniform hat dabei einen schweren Schock erlitten und ist seitdem krankgeschrieben.

Wüste Beschimpfungen sind die KnöllchenschreiberInnen schon gewohnt. „Auf Verbalattacken reagieren wir meistens schon gar nicht mehr“, beschreibt Wilkens den Parkplatzkrieg. Wenn es zu deftigeren Beleidigungen komme, dann sei eben eine Anzeige fällig. Aber Ende August sei es dann knüppeldicke gekommen: Eine Parkraum-überwacherin sei bespuckt worden, eine andere mit Limonade übergossen. Eine dritte habe gerade Strafzettel verteilt, als ein Imbißmitarbeiter aus seinem Laden gestürmt sei und sie angeblafft habe – „zur Unterstützung seiner Argumente gleich mit einem hochgehaltenen Giros-Spieß“, erzählt Wilkens. Einem Parkraumüberwacher sei vielsagend zu Schutzgeldzahlungen geraten worden.

Konsequenz: Bis Ende September wurden die parkenden Autos im Steintor fast nicht kontrolliert. Und wenn, dann nur mit Polizeibegleitung. Sowohl Polizisten in Uniform als auch Zivilstreifen seien mit den KnöllchenschreiberInnen unterwegs gewesen, um die kniffeligsten Situationen zu entschärfen. Das sei auch ziemlich gut gelungen, berichtet Manfred Schurwanz, Revierleiter vom Brommyplatz. „Wo echte Probleme waren, da haben wir vermittelt.“ Ohnehin habe die Polizei die Übergriffe längst nicht so dramatisch bewertet. „Die haben sich durch das aggressive Auftreten von einigen Leuten in die Enge getrieben gefühlt, aber sowas hat es auch früher schon gegeben. Da hat immer mal wieder einer was aufs Auge gekriegt.“ Zu Anzeigen sei es auch nicht gekommen. Kein Wunder, meint Stadtamts-Chef Wilkens. „Unser Kollege war so geschockt, da hat er den Mann mit dem Messer nicht identifizieren können.“

Für die Wählervereinigung „Wir im Viertel“ ist klar, wer die Übergriffe politisch zu verantworten hat. Bausenator Schulte und Innensenator Borttscheller hätten mit der Aufhebung der Verkehrsberuhigung im Viertel illegal parkende AutofahrerInnen geradezu ermuntert. Allerdings: Seit dem 24. September läuft die Überwachung wieder normal. J.G.