Bitter! Beamte bald am Bettelstab

■ Schon ab 2001 werden den Staatsdienern 15 Jahre lang satte 0,2 Prozent ihrer Gehaltserhöhungen genommen, damit deren Pensionen bezahlt werden können. ÖTV kündigt Widerstand gegen diese „Kahlschlagpolitik“ an

Bonn (taz) – Jetzt versucht auch Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) zu sparen: Um den drastischen Anstieg der Pensionsausgaben für den öffentlichen Dienst zu drosseln, müßten sich – so Kanthers Vorschlag – die Beamten in Zukunft an der Finanzierung ihrer Altersversorgung beteiligen. Zwischen den Jahren 2001 und 2015 soll die Anhebung der Beamtenbezüge jedes Jahr um ganze 0,2 Prozent hinter dem Tarifabschluß im öffentlichen Dienst zurückbleiben. Das so eingesparte Geld kann dann für eine Versorgungsrücklage angelegt werden. Bisher zahlen Beamte keine Beiträge zu ihrer Altersversorgung.

Bei der Vorlage des lange erwarteten Berichts über die Altersversorgung im öffentlichen Dienst (Versorgungsbericht) forderte Kanther gestern außerdem eine Reihe weiterer Maßnahmen. Dazu gehören: die Reduzierung des Personalbestands, moderate Besoldungserhöhungen sowie die Verminderung der Frühpensionierung. Zugleich soll es in Zukunft verschärfte Prüfungsverfahren bei Dienstunfähigkeit geben, die Anrechung von Ausbildungszeiten soll ebenso eingeschränkt werden wie die Möglichkeiten, Zulagen aller Art zu kassieren. Eine grundsätzliche Veränderung des Berufsbeamtentums lehnte Kanther jedoch nachdrücklich ab.

Mit der Einführung von Pensionsabgaben für Beamte will der Bundesinnenminister den zwischen 2015 und 2020 erwarteten Höhepunkt bei den Staatsausgaben für die Altersversorgung finanzieren. Die hohen Pensionslasten in diesen Jahren begründete er mit der Welle von Einstellungen in den 70er Jahren. Kanther betonte, daß die Versorgungsrücklagen von den „sonderbaren Fondsmodellen“ zu unterscheiden sind, die einzelne Bundesländer vorsehen. Sein Modell würde nicht aus öffentlichen Geldern finanziert.

Kanthers Sparplänen erteilten sowohl der DGB als auch der Beamtenbund eine Absage. Der Bundesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Erhard Geyer, lehnte insbesondere die Versorgungsrücklage ab und bezeichnete sie als verfassungswidrig. Während Geyer keine eigenen Vorschläge zur Senkung der Ausgaben im öffentlichen Dienst machte, forderte das DGB-Bundesvorstandsmitglied Regina Görner ein besseres Personalmanagement. Die Beschäftigten müßten motiviert statt immer weiter gemolken werden, wie Kanther es vorhabe. Die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) kritisierte Kanthers Pläne als „Kahlschlagpolitik“.

Zugleich zeigten Beamtenbund und DGB sich jedoch erfreut, daß der Versorgungsbericht die „Horrorgemälde“ über die angeblich katastrophale Belastung der Staatskassen durch den öffentlichen Dienst nicht bestätige. Bis zum Jahr 2008 wird mit einem Anstieg der sogenannten Versorgungsquote von 1,2 Prozent auf 1,32 gerechnet, das sind etwa zehn Prozent mehr. „Die Versorgungslasten fressen den Staat nicht auf“, so Regina Görner.

SPD und Bündnisgrüne erneuerten gestern ihre Kritik, daß Innenminister Kanther den Versorgungsbericht weit über ein Jahr verzögert und damit für Planungsunsicherheit gesorgt habe. Die Grünen forderten als Konsequenz aus dem Bericht eine Effektivierung des öffentlichen Dienstes, einen Rückbau der Staatstätigkeit sowie eine Verringerung der Vorschriftenflut. Der Bericht zeige erstmals, wie kostspielig Frühpensionierungen seien, so Antje Vollmer. Positiver äußerte sich der SPD-Politiker Otto Schily: Kanthers Vorschlag breche mit dem Tabu im Beamtenbereich, den die Koalition bisher stets verteidigt habe. Markus Franz

Tagesthema Seite 3