Das Portrait
: Zwischen Politik und Literatur

■ Mario Vargas Llosa

In jungen Jahren war er in linken Studentengruppen aktiv und ein entschiedener Anhänger Fidel Castros. Als peruanischer Präsidentschaftskandidat propagierte er 1990 eine liberalistische Wirtschaftsdoktrin im Stile Margaret Thatchers. Er verlor die Wahl gegen Alberto Fujimori und wandte sich wieder verstärkt dem Schreiben zu. Der 60jährige Mario Vargas Llosa, der am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt, ist ein streitlustiger Wanderer zwischen Politik und Literatur. Schon sein erster Roman „Die Stadt und die Hunde“, in dem er seine Erfahrungen mit den Erziehungspraktiken in einer Kadettenanstalt verarbeitete, provozierte 1963 die peruanischen Militärs. Weitere Romane wie „Das grüne Haus“ (1966) und „Gespräche in der Kathedrale“ (1969) ließen ihn bald in einer Reihe mit den Großen der südamerikanischen Literatur erscheinen.

Mario Vargas Llosa hat immer die Lust an der intellektuellen Auseinandersetzung gereizt. Politische Debatten zettelte er mit einer journalistischen Furiosität an, die wohl aus seiner Zeit bei einer französischen Nachrichtenagentur herrührte. Als Günter Grass Kuba als politisches Modell für Lateinamerika empfahl, warf er diesem Rassismus vor. Wer in Deutschland keine Diktatur wolle, soll sie auch nicht den Lateinamerikanern an den Hals wünschen. Ein monolithischer Grundsatz seines Denkens ist jedoch seine Ablehnung jeglicher Gewalt. Früh wandte er sich gegen die terroristische Guerilla des „Leuchtenden Pfads“. In seiner Heimat nahm man ihm jedoch übel, daß er das Land verlassen hat und von Europa aus seinen Kampf gegen das Fujimori-Regime führt.

Vargas Llosa, der neben der peruanischen auch die spanische Staatsbürgerschaft besitzt, gilt als der europäischste der großen Vertreter südamerikanischer Literatur. Dabei sind fast alle seine Werke in Peru angesiedelt. 1993 erschien „Der Tod in den Anden“. In diesem Buch versucht Vargas Llosa die Indios aus ihren Mythen heraus zu verstehen. Obwohl Vargas Llosa zeit seines Lebens ein umstrittener Autor war und ist, scheint die Nominierung für den „Friedenspreis“ nach den heftigen Auseinandersetzungen um die Islamwissenschaftlerin Annemarie Schimmel im vergangenen Jahr diesmal eine auf Sicherheit und allseitige Würdigung bedachte Entscheidung des Börsenvereins gewesen zu sein. Harry Nutt