Bonn bürgt für Staudamm in China

■ Über 1,3 Millionen Menschen sollen für den Bau des Kraftwerks am Jangtse vertrieben werden. Die Regierung sichert die Beteiligung deutscher Konzerne ab. Der Bundestag wurde vor vollendete Tatsachen gestellt

Berlin (taz) – Die Bundesregierung hat sich prinzipiell bereit erklärt, deutschen Firmen, die sich am Bau des umstrittenen Jangtse-Staudamms beteiligen, dafür Hermesbürgschaften zu gewähren. Für den Staudamm in Zentralchina müssen nach den Plänen der chinesischen Regierung 1,3 Millionen Menschen umgesiedelt werden.

Erst gestern wurde bekannt, daß die zuständigen Ministerien sich schon Ende August auf die Bürgschaften geeinigt haben. „Ende August hat die Interministerielle Arbeitsgruppe IMA [bestehend aus Wirtschaftsministerium, Finanzministerium, Außenministerium und Entwicklungsministerium; d. Red.] grundsätzlich die Indeckungnahmen in Aussicht gestellt“, sagte gestern Leo Kreuz, Sprecher des Entwicklungshilfeministeriums.

Am Jangtse will Chinas Regierung für 75 Milliarden Dollar ein gigantisches Wasserkraftwerk errichten. Der geplante Stausee wird zweimal so groß wie das Saarland. Für den Bau müßten nicht nur mindestens 1,3 Millionen Menschen umgesiedelt werden, auch die ökologischen Konsequenzen wären verheerend. Einmalige Kulturschätze würden vernichtet.

Widerstand hatte es von Anfang an gegeben. Noch 1989 hatte das chinesische Parlament den Bau abgelehnt. Ende August hatten 55 chinesische Intellektuelle und Wang Meng, der ehemalige Kulturminister des Landes, noch einen Versuch zum Stopp des Staudamms unternommen. Der Bau sollte solange verzögert werden, bis die Kulturschätze gerettet worden sind.

Die Proteste haben die Weltbank und die japanische und US-Regierung beeindruckt. So weigern sich die japanische Regierung und die Export-Import-Bank der US-Regierung, Sicherheiten oder Kredite zu gewähren. Begründung des Ex-Im- Bankpräsidenten Martin Karmack: Das Projekt entspricht nicht den Umweltrichtlinien der Bank.

Entwicklungspolitische Organisationen wie die deutsche Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung (Weed) befürchten nach der Bonner Entscheidung nun einen Dammbruch. „Wenn die Bundesregierung Kredite gewährt, wie sollen dann andere Regierungen gegen die Lobbyisten der dortigen Industrie bestehen“,fragt Barbara Unmüßig von Weed.

Düpiert fühlen muß sich auch der Bundestag. Er soll auf Antrag der Bündnisgrünen heute über das Staudammprojekt debattieren. Der bündnisgrüne Abgeordnete Wolfgang Schmitt sieht allerdings die Geschäftsgrundlage für die Debatte gar nicht mehr. Und Christian Ruck, Obmann der Union im Entwicklungsausschuß, bekannte gestern, daß er über diese Entscheidung auch noch nichts wisse. Er habe am Abend einen Termin mit dem Staatssekretär im Entwicklungshilfeministerium.

Profitieren von den Hermesbürgschaften wollen deutsche Konzerne. Der Spezialkranhersteller Liebherr aus Biberach hat bereits einen Antrag gestellt. Kraftwerks- und Turbinenbauer wie Siemens-KWU, Voith Hydro und ABB werden die nächsten sein. „Wir haben zwar noch keinen Antrag auf eine Hermesbürgschaft gestellt“, so ABB-Sprecherin Uta-Micaela Dürig, „aber solche Bürgschaften gehören eigentlich inzwischen zu jedem größeren Angebot dazu.“ Hermann-Josef Tenhagen