■ Die Autobahnvignette ist unpraktisch und ungerecht
: Einäugige Debatte

Die Debatte im Bundestag zur Autobahnvignette hat gezeigt: Um die Einführung einer allgemeinen Autobahngebühr streiten sich derzeit ein politisch Blinder und ein Einäugiger. Der Blinde heißt Matthias Wissmann, Verkehrsminister in Bonn. Er verschließt beide Augen vor der Realität, daß der Straßenverkehr enorme externe Kosten verursacht, die bisher auf die Allgemeinheit abgewälzt, anstatt den Verursachern, also den Autofahrern, angelastet zu werden. Er behauptet, durch eine Autobahngebühr für alle seien „bei den ausländischen Verkehrsteilnehmern nur 60 Millionen Mark“ zu holen. Dem stünden aber Systemkosten von 640 Millionen Mark gegenüber. Also Augen zu und weiter wie bisher.

Der Einäugige ist Edmund Stoiber, Ministerpräsident in Bayern. Er widerspricht den Rechnungen Wissmanns und verlangt die Autobahnvignette, um zusätzliche Milliarden für den Straßenbau abzukassieren. Sodann aber sollen den deutschen Autofahrern über eine Senkung der Kfz-Steuer ihre Mehrkosten zumindest teilweise wieder zurückgegeben werden, den Ausländern dagegen nicht. In erfrischender Offenheit wird bloßgelegt, gegen wen es eigentlich gehen soll: Gegen die europäischen Nachbarn, die sich auf den teuren deutschen Autobahnen herumtreiben.

Herrschaftszeiten, was will Herr Stoiber eigentlich: Verursacherprinzip nur für Ausländer? Verursachen deutsche Autofahrer keine Unfallkosten, Stau- und Umweltschäden? Oder jene, die – dann vermehrt – statt auf der gebührenpflichtigen Autobahn auf der gebührenfreien Bundesstraße unterwegs sind? Das gibt eine Extraportion Zusatzlärm für alle, die an Bundesstraßen wohnen. Überdies funktioniert die Jahresvignette nach dem Rasenmäherprinzip. Wer 30.000 km pro Jahr auf der Autobahn fährt, bezahlt genausoviel wie der, der nur 1.000 km unterwegs ist. Also müßte man gerechterweise eine Tagesvignette einführen, was zu aufwendig und bürokratisch wäre.

Aber warum denn kompliziert, wenn's einfach auch geht? Durch eine Erhöhung der Mineralölsteuer, die träfe punktgenau die Vielfahrer mehr, und die wenig fahren, eben weniger – auf der Autobahn wie auf der Bundesstraße oder im Stadtverkehr. Verursachergerechter geht es nicht, und auch nicht einfacher: Keine Einführungs- und Systemkosten, keine Mauthäuschen – nur Zapfsäulen. Und dort tanken eh schon alle: in- und ausländische Kunden. Albert Schmidt

Der Autor ist Bundestagsabgeordneter der Bündnisgrünen