■ Am Rande
: In den Kabeln von Manhattan

Das Szenario: Sat.1 richtet einen neuen Nachrichtenkanal ein, der bundesweit über Kabel empfangen werden kann. Außer in Berlin, denn dort ist die Telekom an n-tv beteiligt und will die Konkurrenz nicht ins Netz lassen. Daraufhin verfügt Bürgermeister Diepgen, daß gegen den Willen der Telekom der Offene Kanal aus dem Kabelnetz fliegt und die Sat.1-Nachrichten an seine Stelle rücken. Gleichzeitig macht die B.Z. aus dem Springer-Verlag (der an Sat.1 beteiligt ist) ordentlich Stimmung gegen die Telekom.

Nun – weder hat Sat.1 einen Nachrichtenkanal gegründet, noch ist die Telekom an n-tv beteiligt. Aber so wie oben beschrieben stellt sich derzeit die Situation in den USA dar, wo letzte Woche Rupert Murdochs Fox News Channel landesweit auf Sendung ging. Nur in Manhattan nicht, denn dort werden die Zuschauer von Time Warner Cable versorgt, einem Tochterunternehmen der Time-Warner-Gruppe, die unlängst Ted Turners Nachrichtenkanal CNN schluckte – den Hauptkonkurrenten von Murdochs Fox News. Im Kabel sei halt kein Platz mehr, so die schlichte Begründung.

Prompt zog der erzkonservative Murdoch vor Gericht und ließ seine Boulevardzeitung New York Post gegen Warners Taktik anschreiben. Ihm zur Seite sprang der republikanische Bürgermeister Giuliani, dem die Post seit jeher wohlgesonnen ist. Sein Vorschlag lautet, Fox News auf einem der insgesamt fünf Offenen Kanäle zu senden, die zwar gesetzlich für Bildungsprogramme reserviert sind, aber ein Nachrichtenkanal ohne Werbung sei ohnehin dasselbe – so zumindest Giulianis Kalkül. Kaum versteckt drohte er damit, Manhattan von einem anderen Netzbetreiber versorgen zu lassen, was für Time Warner den Verlust des lukrativsten Unternehmensteils bedeuten würde. Noch dazu ist CNN darauf angewiesen, in anderen Teilen der USA von Kabelfirmen eingespeist zu werden, die mit Fox verbündet sind.

Inzwischen hat das Gericht zwar entschieden, daß die Kabel von Manhatten Fox-frei bleiben, doch steht kaum zu Erwarten, daß Medienfürst Murdoch so schnell aufgibt. Matthias Spielkamp