Wohnqualität Ratte

■ BewohnerInnen befürchten Ausverkauf der Wohnanlage „Grohner Düne“

aputte Fenster, Schimmel an den Wänden, kein Kellerraum, Kot im Fahrstuhl, Müllberge vor der Haustür, dicke fette Ratten – so viel Wohnqualität zu einem Mietpreis von 18,50 Mark pro Quadratmeter, warm (ohne Strom). Die BewohnerInnen der Grohner Düne in Bremen-Nord nahmen Dienstag abend einen ihrer Verwalter in die Mangel. RentnerInnen erhoben ihre Stimme, junge ausländische Frauen erbosten sich und Thomas Grabley von der Gewoba (der gemeinnützigen „Gesellschaft für Wohnen und Bauen mbH“) hatte seine Not.

Denn die miserablen Wohnbedingungen in der Grohner Düne sind allzu offensichtlich und nicht wegzudiskutieren. Die Plattenbauten aus den Siebzigern sind ausschließlich sozialer Wohnungsbau. Seit Mai vergangenen Jahres teilen sich die insgesamt 572 Wohneinheiten der Architekt Lothar Krause aus Hannover als Eigentümer und die „Neue Heimat Vermögens-, Verwaltungs- und Betreuungsgesellschaft“ Hamburg als Treuhänderin. Die Gewoba verwaltet die Blocks im Auftrag der Stadt. Demnächst soll der „Neue Heimat“-Anteil mit 422 Wohnungen verkauft werden. Die Verhandlungen sind im Gange.

„Wir wollen hier keinen Ausverkauf – wir wollen, daß Sie sich Gedanken machen, wie es weitergehen und besser werden soll!“ war jedoch der Tenor der MieterInnen. „Ich zahle keinen Pfennig mehr für einen Fahrstuhl, der nicht funktioniert“, rief ein Herr, „ich bin selbst gehbehindert!“ – „Unsere Miete ist in zwei Jahren von 680 auf knapp 1.000 Mark gestiegen“, so eine Frau, „in unserer Küche ist alles verrostet.“

Erhöhte Miet- und Betriebskosten bei gleichzeitigem Verfall: Gewoba-Vertreter Grabley saß auch optisch in dem kleinen Raum des Grohner Bewohnertreffs ziemlich in der Klemme. Er rettete sich in Retourkutschen: Es gebe eben so viel Vandalismus hier, und wenn dann mal der Betriebsdienst zum Reparieren komme, habe bestimmt jemand irgendwo mit einem Klötzchen den Fahrstuhl blockiert. Den Schimmel werde man versuchen, zu entfernen. Aber man müsse doch bitteschön dafür Verständnis haben, daß jedes Nachbessern hinten die Betriebskosten vorne erhöhe. Und die Mietsteigerungen? Die kommen durch die Fehlbelegungsabgabe, die bei höherem Verdienst die (soziale) Subvention wegkürzt.

Hier ziehen sich alle nur aus der Affäre, konterten die MieterInnen. Sie rechnen folgendermaßen: Mit 125.000 Mark Subvention unterstützt Bremen die 422 „Neue-Heimat“-Wohnungen. Zusammen mit den rund 13 Mark Grundpreis, den sie selbst bezahlen, ergibt das die horrenden 18 Mark 50 pro Quadratmeter. „Was ist die Leistung für diesen Preis?“ erzürnte sich ein Mann mit Gehstock. „Sie lassen uns hier verkommen. In zehn, fünfzehn Jahren ist hier alles platt.“

Thomas Grabley konnte aber nur mit müden Versprechungen dienen. Zu hoch sind ihm die zu nehmenden Hürden: neue, seit fünf Jahren zugesagte Wasseruhren zum individuellen Messen des Wasserverbrauchs? „Geht nicht, denn wir wissen zur Zeit gar nicht definitiv, wieviele Menschen hier leben“ (Grabley). Getrennte Müllentsorgung (die momentan in der Grohner Düne überhaupt nicht existiert)? „Tatsächlich ein gravierendes Problem, für das wir externe Hilfe brauchen.“ Die Kosten für die Müllabfuhr wurden einstweilen schon mal um 38 Prozent erhöht.

Asbestverseuchte Außenplatten, keine städtische Rattenbekämpfung mehr auf öffentlichen Flächen – die MieterInnen der Grohner Düne befürchten, daß mit dem anvisierten Verkauf der Wohnungsbaugesellschaften Gewoba und „Bremische“ das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird. Ab wann lohnt sich eine Investition hier nicht mehr?

„Wir fördern die Wohnungsbaugesellschaften, und wenn's irgendwo durchs Dach regnet, ist das eine Sauerei“, sagt dazu Hartmut Spiesecke, der Sprecher des Bausenators. „Dem gehen wir nach, aber ansonsten sind wir nicht zuständig.“ sip