Junge PDS-Genossen warten auf die Revolution

■ Der PDS-Nachwuchs debattiert auf Bundeskongreß über Wege an die Macht

Berlin (taz) – Die Jungen GenossInnen hatten gelernt. Striktes Alkoholverbot verschrieb sich die PDS-Parteijugend auf ihrem Bundeskongreß am Wochenende in Berlin. Anlaß gaben die schlechten Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr: Diesmal sollten die jugendlichen Mitglieder nüchtern der Debatte folgen.

Die Fragestellung der AG, die in mehreren Ländern vom Verfassungsschutz beobachtet wird, war klassisch subversiv: Wie läßt sich das System überwinden, ohne selbst gefressen zu werden? Die Angst vor der „Entzauberung“ der PDS ging um. Zentrales Thema: Regierungsbeteiligung, ja oder nein? Während die Arbeitsgruppen aus den alten Ländern die „Revolution von der Regierungsbank“ – so das Motto einer Podiumsdiskussion – ausschlossen und sich stärker auf die außerparlamentarische Opposition konzentrieren wollen, können sich einige Ostgruppen damit durchaus anfreunden. Eine Kontroverse, die auch in den Parlamentsfraktionen geführt wird. So warnte die sächsische PDS-Bundestagsabgeordnete Christina Schenk vor den Gefahren einer Regierungsbeteiligung. „Die existierenden Systemmechanismen sind für PDS-Abgeordnete gefährlich.“ Man dürfe sich nicht darüber hinwegsetzen, daß die Mehrheit der Deutschen zur Zeit kein anderes System wolle. Selbst in der eigenen Partei, bedauerte Schenk, „wollen das doch immer weniger“.

Auch aus den letzten Wahlerfolgen der PDS, so Schenks Analyse, ließe sich kein Wunsch nach einem grundsätzlichen Wandel herauslesen. Im Osten gebe es tatsächlich viel weniger Menschen, die eine andere Gesellschaft wollten. Petra Pau, Berliner Landesvorsitzende, räumte ein, daß es zur parlamentarischen Oppositionsarbeit keine Alternative gebe: Die „Unschuld der Opposition“ habe man längst verloren. Pau plädierte für „Regelverletzungen“ im Parlament, um das „gesellschaftliche Klima“ zu verändern. Nur so bekomme die PDS eine breitere Akzeptanz. Deutlicher als Pau sprach sich Roland Claus, der Landesvorsitzende von Sachsen-Anhalt, vor den rund 150 Zuhörern für Regierungsbeteiligungen aus. „Wir können uns die Rolle in dieser Gesellschaft nicht aussuchen“, stellte er fest. In Sachsen-Anhalt, wo die PDS die rot-grüne Landesregierung toleriert, sei es nur eine Frage der Zeit, bis die Partei sich direkt an der Macht beteiligen müsse. Damit hat Claus – im Gegensatz zu manchen Jungen Genossen – keine Skrupel: „Stimmen stinken nicht.“ Clemens Heidel