: EU-Skepsis siegt in Finnland
■ Erste Wahlen zum EU-Parlament stärken die Opposition gegen die Währungsunion im Straßburger Parlament
Helsinki (taz) – Am Sonntag hatten die FinnInnen erstmals Gelegenheit, ihre VertreterInnen für das EU-Parlament direkt zu wählen. Das für eines der laut Umfragen EU-freundlichsten Länder überraschende Ergebnis: Die SkeptikerInnen forcierter Unionspläne, vor allem einer Währungsunion, erhielten massiven Zulauf. Sieben der sechzehn neuen finnischen EU-ParlamentarierInnen sind gegen die Europäische Währungsunion oder zumindest gegen eine Mitgliedschaft Finnlands. Gerade am letzten Wochenende hatte die finnische Regierung die Finnmark wieder an das Europäische Währungssystem angekoppelt und betont, Finnland wolle gleich von Beginn an bei der Währungsunion dabeisein – der Wahlausgang ist ein deutlicher Protest der BürgerInnen. Gezielt wurden die EU- freundlichen KandidatInnen auf den Wahllisten boykottiert, bekannte EU-KritikerInnen erhielten die meisten Stimmen. Und wenn die Protestwahl nicht noch deutlicher ausfiel, so scheint es, dann nur aus Mangel an Alternativen.
Finnland wird von einer großen Koalition regiert, die von den Konservativen bis zu den Grünen und der Linkspartei reicht. Innerhalb dieser Koalition konnte die EU- kritischste Partei, der Linksverbund, seine Position am besten behaupten – Sozialdemokraten und Konservative, gleichermaßen EWS-freundlich – mußten dagegen Stimmenverluste verbuchen. Während die Grünen ihren einen Sitz knapp behaupteten, konnte die einzige große Oppositionspartei, das Zentrum, sich über einen Stimmenzuwachs von fünf Prozent freuen. Die erst im Vorfeld der Wahlen gegründete „Alternative zur EU“ kam als mögliche einzige Protestliste dagegen nicht aus den Startblöcken: Laut Umfragen war es fraglich, ob sie einen Parlamentssitz erreichen konnte, und viele potentielle WählerInnen hatten offenbar Angst, ihre Stimme zu „verschenken“.
Um die Wahlen attraktiver zu machen, hatten nahezu alle Parteien sich populäre Prominente auf Spitzenplätze ihrer Listen eingesetzt. Vom Filmregisseur und Autor Jörn Donner über einen bekannten Fernsehtalkmaster und einen Skilaufstar bis zur Sängerin Arja Saijonmaa. Auch diesen Schachzug honorierten die FinnInnen nicht: Bis auf Donner scheiterten alle „Promis“ und verfehlten auch ihren Zweck, die Wahlbeteiligung zu erhöhen.
Obwohl man vorsichtshalber die Wahlen zum EU-Parlament mit den üblicherweise populären Kommunalwahlen zusammengelegt hatte, gingen gerade 60 Prozent zu den Wahlurnen. Das Desinteresse an Europa hatte sogar den unerwünschten Nebeneffekt, daß die Teilnahme an den Kommunalwahlen damit auf einen seit 1950 nie erreichten Tiefstand absackte. Reinhard Wolff
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