„Die Leute fangen an nachzudenken“

■ Anna Reinking (17) vom Unabhängigen Schülerzusammenschluß wertet die Schülerdemo zwar als Erfolg. Doch an eine Rücknahme der Sparbeschlüsse glaubt sie nicht

Bei Worten sollte es nicht bleiben. 12.000 SchülerInnen gingen gestern auf die Straße, um gegen die Einsparwut des Senats zu protestieren, der derzeit in Klausur ist. Ihr Anliegen: kein Bildungsabbau.

taz: Geschafft nach der Demo?

Anna Reinking: Ich bin seit 7 Uhr auf den Beinen. Wir hatten erst noch eine Vollversammlung an unserer Schule und haben noch Transparente gemalt. Dann ging's los zum Rathaus Schöneberg. Es war schon ganz schön stressig.

Hat es sich gelohnt? Immerhin haben gut 12.000 SchülerInnnen protestiert.

Es waren Schüler und Schülerinnen von über 50 Schulen da. Damit habe ich gar nicht gerechnet.

Glaubst du, daß sich die Senatoren in ihrer Sparklausur von eurem Protest beeinflussen lassen?

Ich weiß nicht, ob Schulsenatorin Stahmer darauf eingehen wird. Damit würde sie sich eingestehen, daß sie den Protest ernst nimmt.

Wertest du den Protest als Signal dafür, daß SchülerInnen sich wieder politisch engagieren?

Die Leute fangen an nachzudenken, weil sie von den Sparmaßnahmen direkt betroffen sind. Wenn sie plötzlich 20 Pfennig für Klausurpapier zahlen müssen, wenn der Unterricht schlechter wird, merken sie schon, daß da was nicht stimmen kann.

Glaubst du denn, daß durch so eine Demo was bewirkt wird?

Hoffen kann man immer. Wir sind ja schließlich die künftige Wählerschaft der Parteien.

Und wie soll es jetzt weitergehen?

Wir wollen eine Zeitung über die Demo rausbringen und diese an allen Schulen verteilen. Außerdem gibt es die Idee, an der Paul- Natorp-Schule in Schöneberg eine Woche ohne Lehrmittel zu arbeiten, damit wirklich jeder mitkriegt, was hier läuft. Geplant ist auch eine Party vom Schülerzusammenschluß. Am Montag werden wir die Demonstration erst einmal auswerten.

Ihr hattet ein Aktionstelefon geschaltet. Lief das heiß?

Schüler haben angerufen, daß Hausmeister die Türen zugeschlossen haben. Andere haben erzählt, daß ihnen Tadel angedroht wurden, wenn sie an der Demo teilnehmen. Ansonsten haben wir überwiegend positive Reaktionen bekommen. An unserer Schule haben sich viele Lehrer solidarisch gezeigt.

Feiert Ihr den Demoerfolg?

Ich werde erst mal einen trinken gehen, auch wenn ich morgen eine Klausur in Kunst schreiben muß. Aber das kann ich alles schon.

Interview: Jens Rübsam

Siehe Reportage Seite 4