: Expo-Chefs zum Rapport beim Kanzler
Die deutsche Wirtschaft hat das Sagen bei der Weltausstellung in Hannover, die zur bloßen Standort- Ausstellung mutiert. Aber bei der Finanzierung hält sie sich vornehm zurück ■ Aus Hannover Jürgen Voges
Beim Bundeskanzler und den deutschen Spitzenmanagern müssen heute der Chef der Expo-Gesellschaft, Theodor Diener, und die Expo-Beauftragte des Bundes, Birgit Breuel, zum Rapport erscheinen. Helmut Kohl hat zudem erneut 48 führende Vertreter des deutschen Wirtschaft zum Gipfelgespräch geladen. Diesmal stehen allein die sich schleppenden Vorbereitungen für die Weltausstellung Expo 2000 in Hannover auf der Gipfel-Tagesordnung.
Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI), Ludolf von Wartenberg, hat schon im Vorfeld die hannoversche Expo GmbH mit markigen Worten ins Visier genommen. Er vermisse „konkrete Vorschläge“ zur Einbindung der Wirtschaft. Ohne klare Konzepte mache für die deutschen Unternehmen ein finanzieller Einsatz keinen Sinn, drohte Wartenberg, der die Weltausstellung als „nationale Veranstaltung unter Beteiligung der Wirtschaft“ definiert.
Doch eigentlich hätte der BDI beim Thema Expo durchaus Anlaß, sich in Bescheidenheit zu üben. Denn bei den Vorbereitungen der Weltausstellung in Hannover gilt der Grundsatz „Wer zahlt, bestimmt das Programm“ längst nicht mehr. Bei der Expo-Planung haben sich die deutschen Unternehmen inzwischen auf allen Ebenen entscheidenden Einfluß gesichert – nur ihr seit langen eingeplanter finanzieller Beitrag zum Großereignis an der Jahrtausendwende läßt weiter auf sich warten.
„Die Fragen nach dem Leben und Überleben der Menschheit“ wolle die Weltausstellung neu stellen, hieß es einst in blumigen Expo-Programmbroschüren. Inzwischen gibt längst harte Standortprosa bei der Konzeption der Expo den Ton an: „Die Wirtschaft dokumentiert ihre Lösungskompetenz für die globalen Herausforderungen der Zukunft“, lautet etwa die „zentrale Aussage“ der Wirtschaft für den Deutschen Pavillon.
Die in Hannover ansässige Expo-Beteiligungsgesellschaft der deutschen Wirtschaft hat jedoch bislang statt der für den deutschen Pavillon zugesagten 40 bis 60 Millionen aus der deutschen Wirtschaft erst sechs Millionen Mark aufgebracht. Dennoch ist der Sprecher der Beteiligungs-GmbH, Michael Fedler, sehr zufrieden darüber, daß nunmehr im Deutschen Pavillon eine große Standort-Ausstellung geplant ist und die Bundesländer sich nicht mehr einzeln im dem Pavillon präsentieren, für den Bund und Länder bisher immerhin 220 Millionen Mark ausgeben wollen.
Auch die Expo GmbH selbst wartet bisher noch vergeblich auf großzügige Sponsoren aus der Industrie. Zwar haben Lufthansa, Bahn, Telekom und Siemens der Expo-Gesellschaft zwar Sachspenden bereits fest zugesagt. Sie wollen kostenlos Werbung für die Ausstellung machen oder kostenlose Infrastrukturleistungen für das Expo-Gelände erbringen. In bar jedoch ist bisher keine einzige Sponsorenmark auf den Expo- Konten eingegangen, obwohl auch die Expo GmbH immer mehr zum Eigenbetrieb der deutschen Wirtschaft mutiert. Im zehnköpfigen Expo-Aufsichtsrat hatten fünf Industrievertreter zusammen mit dem Abgesandten des Bundeswirtschaftsministers schon immer ein Mehrheit.
Inzwischen haben die deutschen Unternehmen auch bei der konkreten Planung des Herzstücks der Weltausstellung, beim sogenannten Themenpark, letztlich das Sagen bekommen. Auf elf jeweils etwa fußballfeldgroßen Ausstellungsabschnitten sollen dort wichtige Zukunftsprobleme abgehandelt werden. Ursprünglich hatte die Expo GmbH für jedes Thema einen international renommierten Wissenschaftler oder Austellungsmacher als „Systemführer“ bestimmt, der die jeweilige Einzelausstellung konzipieren sollte. 38 große Firmen haben sich bei der Expo GmbH bereits für den Themenpark angemeldet.
Inzwischen sind die Systemführer zu bloßen Projektleitern mutiert, die zu den einzelnen Themen Arbeitsgruppen koordinieren, in denen auch die interessierten Unternehmen vertreten sind. Für das Thema Mobilität interessieren sich etwa die Automobilindustrie, die Lufthansa und natürlich auch die Deutsche Bahn. „Wir haben erreicht, daß der Themenpark pluralistischer wird“, nennt dies der Sprecher der Beteilgungsgesellschaft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen