Party statt Revolution

■ Live in der Buchtstraße: Estlands beliebteste Skandalband „Psychoterror“

Die ersten beiden Tonträger der estländischen Punk-Band „Psychoterror“ hießen „Grief, Unemployment, Miserableness“ und „Viva la revolucion“, was programmatisch für die Botschaft der vier Musiker in den letzten beiden Jahren ist. Sänger Fred Grensmann sagt dazu: „Während dieser Zeit war es unser einziges Ziel, Estlands Gesellschaft zu terrorisieren und zu zerstören.“ Musikalisch waren die Ziele weniger hoch gesteckt: „Wir waren immer betrunken und wollten nur Krach machen, den sowieso niemand hören wollte.“ Letzteres war wohl eine Unterschätzung ihres Publikums, denn „Psychoterror“ ist mittlerweile eine der führenden Underground-Bands ihrer Heimat. Und der Begriff Underground bedeutet dort noch etwas, zumal an eine Blitzkarriere über Musikfernsehen oder lukrative Plattendeals, wie sie hier für selbsterklärte Underground-Bands an der Tagesordnung zu sein scheinen, nicht zu denken ist.

Die Selbsteinschätzung, daß „Psychoterror“ bloß Krach machen, ist ebenfalls zu relativieren. Filigran oder schöngeistig geht es auf ihrem neuen Album „Chaos City“ zwar nicht zu, aber der gebotene Oi-Punk kommt meist als auf den Punkt gebrachter Rock'n'Roll daher. Allein der Gesang ist punkspezifisch: nämlich Gegröle. Diese Mischung ist eher Musik für Parties als für Revolutionen, und deshalb geht es zumindest in den englischsprachigen Texten um die heilige Dreifaltigkeit des Musikerlebens: Sex, Drugs und Rock'n'Roll.

Gegründet wurde „Psychoterror“ 1991, nachdem die Musiker sich erfolglos in diversen anderen Underground-Bands herumgeschlagen hatten. Zunächst wollten Gitarrist Lauri Leis und Bassist Margus Muil einfach ihre erfolgreiche aber aufgelöste Band „Anommümne A. K.“ wieder zusammenbringen, aber nach drei Jahren Auflösung beschloß man lieber etwas Neues zu versuchen. Schon alleine der Name „Psychoterror“ wurde von der estländischen Öffentlichkeit als provokant aufgefaßt, und die Band bekam ein werbeträchtiges Skandal-Image verpaßt. A. N.

Heute 21 Uhr, Buchtstr. 14-15