■ In einer Kirche in Toronto haben Tiermessen Tradition: Gott segne meinen Cockerspaniel
Toronto (taz) – Liturgie und Menagerie geben sich ein Stelldichein, wenn Vater Kennedy in der anglikanischen St.-Matthias- Kirche seine traditionelle Segnung der Tiere abhält, eine wenig bekannte religiöse Zeremonie für die pelzigen, schuppigen und gefederten Erdenbewohner. Diese Messe hat nun schon seit über zwei Jahrzehnten Tradition in der St.-Matthias-Kirche und verbreitet sich seither in der Diözese und im ganzen Land, in Kirchen in Toronto, Vancouver, Winnipeg, Edmonton und Halifax.
„Es wäre schwierig, in der Bibel eine entsprechende Grundlage für diese Messe zu finden“, gibt Vater Kennedy zu, der erst vor drei Monaten sein Amt in St. Matthias angetreten hat. „Unsere Aufgabe ist es, die Liturgie zu achten, zu heilen, zu unterstützen und zu predigen; Haustiere sind dabei nicht speziell erwähnt. Manche Priester würden vielleicht Probleme mit der Zeremonie haben; aber ich bin Tierliebhaber.“ Wenn Vater Kennedy nicht gerade seine Herde segnet, kümmert er sich um seine eigene vielköpfige Hunde- und Katzenschar.
Zur Messe sind nur Haustiere willkommen. Wild und Wolf bleiben ungesegnet. Die Zeremonie wird gefeiert, um das Verwalteramt des Menschen über die göttlichen Kreaturen zu unterstreichen, die Gemeinschaft zu pflegen und einfach dem Spaß zuliebe. Die Tiermesse ist vielleicht ein drollig anmutendes Ereignis, aber eine Wolke von Weihrauch und bedingungsloser Tierliebe verleiht ihr den nötigen spirituellen Ernst. Die kleine Kirche von Vater Kennedy, eingerahmt von Häusern mit „Achtung vor dem Hund“-Schildern, ist gewöhnlich bis unter die eichenen Dachbalken mit gläubigen Menschen und ihren Vierbeinern gefüllt. Während der letzten Tiermesse saßen Pekinesen neben Siamesen, Irische Wolfshunde neben Angorakaninchen, ein Pudel in weißem Mäntelchen neben einer gepanzerten Schildkröte und ein meterlanger Leguan namens Siegfried, eingeklemmt zwischen drei Wellensittichen und einem puscheligen Irgendetwas, das sich als Langhaarmeerschweinchen entpuppte.
Krallen scharren über den Holzfußboden, hier und da ist ein Blöken und Bellen zu vernehmen, aber ansonsten herrscht christliches Einvernehmen. Die Tiere scheinen die Kirche als entmilitarisierte Zone akzeptiert zu haben. Es gibt keine Kämpfe, kein Pelz fliegt, niemand wird verschlungen, und nichts wird entweiht. Nach Hymnen und einer Predigt erinnert Vater Kennedy die Versammelten daran, daß Gott die gesamte Schöpfung liebt, womit er nicht nur den Menschen meine, sondern alle Kreaturen.
Dann empfängt er nacheinander jedes Gemeindemitglied einzeln, fragt nach seinem Namen, schaut ihm in die Augen, streichelt ihm übers Haupt und segnet es. Einige Hunde wedeln mit dem Schwanz, und ein Kätzchen beginnt, an seinem Daumen zu knabbern. Der Leguan bleibt teilnahmslos.
„Es hat wirklich Spaß gemacht“, sagt Vater Kennedy hinterher, nachdem er kurz die Vollzähligkeit seiner Finger überprüft hatte, „aber es war eine richtige, vollwertige Messe. Der Segen gibt den Menschen Gelegenheit, ihr Augenmerk auf einen Teil der Schöpfung zu richten, die uns Freude macht und für die wir Gott danken.“
Dann verlassen die zweibeinigen und vierbeinigen Gemeindemitglieder den Saal, um noch ein wenig unter den herbstlich gelben Bäumen des Kirchengartens zu verweilen. Alle wirken sehr gesegnet, alle außer den heidnischen Eichhörnchen, die hoch oben von den Zweigen herabschauen. Karen Thürnau
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