Syrischer Asylbewerber in Leipzig erstochen

■ Der Angestellte eines Gemüseladens wurde niedergestochen, als er zwei Frauen gegen rassistische Beschimpfungen verteidigte. Ausländerfeindliches Motiv unklar

Leipzig (taz) – Ein syrischer Asylbewerber wurde am Mittwoch abend in Leipzig aus offenbar rassistischen Motiven niedergestochen. Der 30jährige erlag in einem Krankenhaus seinen Verletzungen. Zwei tatverdächtige Jugendliche, 18 und 20 Jahre alt, wurden kurz darauf gestellt und am Donnerstag von der Staatsanwaltschaft vernommen. Über den Haftantrag gegen die beiden Leipziger war am Nachmittag noch nicht entschieden.

Oberstaatsanwalt Rainer Moser will einen rassistischen Hintergrund dieser Tat weder bestätigen noch dementieren: „Das Motiv ist völlig offen.“ Die Jugendlichen hatten den Ermittlungen zufolge vor einem türkischen Gemüseladen zwei dort angestellte deutsche Verkäuferinnen beschimpft. Als der ebenfalls im Laden beschäftigte Syrer die zwei Randalierer beruhigen wollte, stach einer der beiden mit dem Messer frontal auf ihn ein.

Zeugenberichten zufolge wurden die Frauen als „Türkenschlampen“ beleidigt und handgreiflich bedroht. Die Täter hätten scheinbar unvermittelt provoziert und die Auslagen des Ladens umgestoßen. Dennoch will die Staatsanwaltschaft bisher lediglich „ganz am Rande“ Haß auf Ausländer erkennen. Das Vokabular der Täter sei, so Moser, der „bisher einzige Anhaltspunkt“ für einen solchen Vorwurf. Die weiteren Ermittlungen müßten „einige Ungereimtheiten“ klären.

Auch der Ausländerbeauftragte der Stadt, Stojan Gogutschuew, äußert sich zurückhaltend, solange die Ermittlungen nicht abgeschlossen sind. Er müsse erst lange nachdenken, um sich an ausländerfeindliche Angriffe in der sächsischen Stadt erinnern zu können.

Mit Entsetzen hörten SchülerInnen und LehrerInnen des Kant- Gymnasiums auf der Karl-Liebknecht-Straße von dem Vorfall im Gemüseladen um die Ecke. Karsten Müller, Lehrer an dieser Schule, kannte als Kunde den freundlichen Syrer: „Er hat meiner Tochter immer Weintrauben geschenkt.“ Viele Leipziger brachten am gestrigen Donnerstag Blumen zum Tatort.

Stunden vor dem tödlichen Angriff auf den Syrer hatten in den Räumen des Kant-Gymnasiums mehrere Jugendliche randaliert und nazistische Parolen geschrien, bis sie des Hauses verwiesen wurden. Ob diese schulfremden und angetrunkenen Rechtsradikalen die gleichen waren, die dann in dem Gemüseladen randaliert haben, ist noch nicht geklärt. Detlef Krell