Suhartos Reichtum ist kein Thema

■ Noch während des Kohl-Besuchs wurde eine indonesische Zeitschrift durchsucht und zwei Mitarbeiter festgenommen. Jetzt drohen ihnen Haftstrafen

Kohl war wohl noch beim Fischen mit Suharto – da betrieb die indonesische Polizei schon wieder Business as usual. In einer Blitzaktion durchsuchte sie die Druckerei der Zeitschrift Suara Independen, beschlagnahmte 5.000 Exemplare und nahm zwei Mitarbeiter fest. Begründung: „Verleumdung des Präsidenten“. So zumindest teilte es der unabhängige indonesische Journalistenverband AJI in Jakarta mit.

Suara Independen zählt zu den bekanntesten indonesischen Untergrundzeitschriften. Sie berichtet in erster Linie über Themen, die Indonesiens offizielle Presse nicht behandeln darf, wie zum Beispiel den Reichtum der Familie des Präsidenten Suharto. Mehrere ihrer Reporter haben früher bei den verbotenen Zeitschriften Tempo und DeTik gearbeitet, die vor zwei Jahren wegen ihrer kritischen Berichterstattung indiziert wurden. Unter anderem wegen ihrer kritischen Berichterstattung über den Kauf von 39 NVA-Kriegsschiffen aus Deutschland.

Andere Mitarbeiter weigern sich, Mitglied der einzigen staatlichen Journalistenvereinigung zu werden. Sie wurden von ihren Zeitungen gekündigt, als sie sich dem unabhängigen AJI anschlossen.

Der AJI-Vorsitzende Santoso und mehrere Aktivisten des Verbandes fürchten jetzt ebenfalls eine Verhaftung und sind nach Angaben von Oppositionellen aus Jakarta vorerst untergetaucht.

Die Zeitschrift Suara Independen war bislang über eine Postanschrift in Australien zu abonnieren, ein Teil wurde im Handverkauf vertrieben. Obwohl sie nur eine Auflage von 5.000 Exemplaren hatte, erreichte sie nach Angaben ihrer Herausgeber eine relativ große Leserschaft. Jede Ausgabe wird vielfach fotokopiert und wandert anschließend von Hand zu Hand.

Erst im vergangenen Jahr sind in Indonesien vier Presseleute zu Haftstrafen zwischen acht Monaten und drei Jahren verurteilt worden. Einer von ihnen ist Ahmad Taufik, dem das New Yorker Komitee zum Schutz von Journalisten einen Preis für seinen Einsatz für die Pressefreiheit verliehen hat. Jutta Lietsch