Bothas Mann fürs Grobe muß lange büßen

■ Südafrikas oberstes Gericht verurteilt Ex-Geheimpolizisten Eugene de Kock

Johannesburg (taz) – Der frühere Kommandeur der berüchtigten Vlakplaas-Einheit der südafrikanischen Geheimpolizei, Eugene de Kock, ist gestern zu zweimal lebenslanger Haft sowie zu insgesamt weiteren 212 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der Vorsitzende Richter des Obersten Gerichts in Pretoria blieb damit nur knapp unter dem von der Anklage geforderten Strafmaß. Bereits Ende August hatte das Gericht nach südafrikanischem Strafrecht den ehemaligen Oberst wegen insgesamt 89 Verbrechen, darunter sechsfachen Mordes, für schuldig befunden. Mildernde Umstände, auf die die Verteidigung zwischenzeitlich plädiert hatte, mochte der Richter kaum erkennen. De Kock sei schuldfähig und habe die Taten brutal, kaltblütig und skrupellos geplant.

De Kock ist der erste hochrangige Polizist aus der Apartheidzeit, dem der Prozeß gemacht wurde. Er war ab 1985 Kommandeur der Sondereinheit, die politische Gegner entführte, folterte und ermordete. 1993 mußte de Kock auf Druck der Polizeiführung aus dem Dienst ausscheiden; die letzte weiße Regierung unter Präsident Frederik Willem de Klerk belohnte ihn mit umgerechnet fast 400.000 Mark Abfindung.

Nachdem er für schuldig befunden worden war, packte der heute 48jährige vor Gericht gnadenlos aus und belastete seine ehemaligen Vorgesetzten in der Polizeiführung sowie die Regierung schwer, darunter auch den früheren Präsidenten Pieter Willem Botha. In seiner mehrtägigen Aussage ließ de Kock deutlich erkennen, wie verbittert er über das Verhalten seiner ehemaligen Befehlshaber ist, die im Gegensatz zu ihm frei herumlaufen und hohe Pensionen beziehen.

Als letzter Ausweg bleibt de Kock jetzt, vor der südafrikanischen Wahrheitskommission Amnestie zu beantragen. Die Komission untersucht Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der Apartheidzeit und kann für politische Verbrechen Amnestie gewähren, wenn der Täter ein volles Geständnis ablegt. Theoretisch könnte dann die Haft erlassen werden; der Nachweis, daß es sich wirklich um politische Verbrechen gehandelt hat, dürfte de Kock jedoch im Einzelfall ironischerweise schwerfallen. Kordula Doerfler