Spiel mir das Lied vom Geld

■ GAL: Haushaltsloch größer als vom Senat zugegeben, und das ist „Großbetrug“ und unfaire „Verdunkelung“ im Wahljahr

Wenn er so dasitzt, mit Anzug, Brille und seiner Seriösität versprühenden Ausstrahlung, dann nimmt man dem GAL-Haushaltsexperten und Fraktions-Chef Willfried Maier seine apokalyptischen Dezifitberechnungen beinahe bedenkenlos ab: Erheblich größer als erwartet, nämlich 1,6 statt 1,2 Milliarden Mark, sei das Loch groß, das im Haushalt 1997 klafft. Durch Sparen, so der grüne Rechner, sei dem nicht beizukommen.

Denn wollte man den „krampfhaften Optimismus“ des Senats wirklich umsetzen und die fehlenden 10 Prozent im 16-Milliarden-Haushalt einsparen, so Maier, müßte die „absurde, aber nicht ganz realitätsferne Streichliste“ so aussehen: Die Wissenschaftsbehörde müßte beispielsweise 121 Millionen Mark sparen und wahlweise die Fachhochschule oder die TU Harburg schließen. Die Justiz hätte 76 Millionen Mark und damit Zweidrittel ihrer Knastplättze einzusparen. Die Kultur könnte das Schauspielhaus schließen, etc.

Zwar könne man sich kurzfristig mit Vermögensverkäufen behelfen, doch „der Räumungsverkauf ist endlich“. Statt ernsthaft die Finanzen zu ordnen, verlege der Senat sich „aufs Verdunkeln“ und verschweige den BürgerInnen – man schreibt das Wahljahr –, was tatsächlich auf sie zukommt. Einen Königsweg, gibt Maier zu, hat die GAL aber auch nicht zu bieten.

Zum „Großbetrug“ des Senats, bemängelt Maier, gehörten auch unredliche Kunstgriffe. Zum Beispiel, daß die Gewinnabführung der Landesbank und der HEW im Haushalt auf der Einnahmenseite stehen, obwohl die staatlichen Unternehmen in Kürze verkauft werden. Auch die erwarteten Steuereinnahmen seien mit fünf Prozent viel zu hoch angesetzt.

„Eine gewagte Behauptung“, winkt der SPD-Finanzexperte und Haushaltsausschuß-Vorsitzende Walter Zuckerer ab. Denn die erwarteten Steuereinnahmen für 1997 beruhten, wie üblich, auf der Steuerschätzung; die aktuelle wird in zwei Wochen erwartet. Auch die HEW und Landesbank in den Haushalt miteinzubeziehen sei keineswegs „verwerflich“, denn sie seinen ja noch nicht verkauft. Dem werten Herrn Maier sei womöglich entgangen, daß „der Haushalt sich erst dann ändert, wenn die Änderung eingetreten ist“. Das tatsächliche Risiko sei der Länderfinanzausgleich. Wenn Bonn die Länder weiterhin finanziell stranguliere, gerieten „die Großstädte an die Grenze der Politik- und Regioerungsfähigkeit“. Die Kritik der GAL sei zudem „konzeptionslos, aber lautstark und polemisch“. Die GAL-Streichliste sei „nicht witzig, sondern verantwortunglos und bösartig“. Silke Mertins