Bosnischer Vize-Verteidigungsminister gefeuert

■ Izetbegović gibt Druck der USA nach und macht Weg für Waffenlieferungen frei

Berlin (taz) – Der bosnische Präsident Alija Izetbegović hat auf Drängen der US-Regierung den stellvertretenden Verteidigungsminister Hasan Cengić entlassen. Das berichteten einheimische Medien gestern in Sarajevo. Cengić steht Izetbegović sehr nahe und gehört zu den einflußreichsten muslimischen Familien des Landes. Während des Krieges hatte er die bosnischen Truppen unter Umgehung des internationalen Waffenembargos mit Waffen aus Iran und aus anderen Staaten im Nahen Osten versorgt.

Die USA hatten die Entlassung von Cengić zur Bedingung für die Übergabe einer Waffenlieferung im Wert von fast 100 Millionen Dollar (etwa 150 Millionen Mark) gemacht. Die Waffen befinden sich an Bord des US-Frachtschiffes „Condor“, das seit einer Woche vor der kroatischen Küste kreuzt. Darunter befinden sich 45 Panzer, 80 gepanzerte Fahrzeuge, 15 Hubschrauber, 46.100 Sturmgewehre und 800 Panzerabwehrwaffen.

Izetbegović hatte am Sonntag erklärt, vor die Wahl gestellt, zwischen einer Militärhilfe aus den USA und einer aus dem Iran zu wählen, habe sich die Regierung für die USA entschieden, „weil sie uns im Falle künftiger Aggressionen mehr Schutzgarantien bieten würde“.

Im April 1994 hatte die US-Regierung erstmals grünes Licht für iranische Waffenlieferungen an Bosnien gegeben. In einer Anhörung im Kongreß zwei Jahre später verteidigte die US-Regierung diesen indirekten Bruch des Waffenembargos mit der „militärischen Dringlichkeit“ und dem „Übergewicht der bosnisch-serbischen Streitkräfte“ gegenüber den Muslimen. Die Waffen wurden über Kroatien nach Bosnien geschmuggelt, weshalb auch Kroatiens Präsident Franjo Tudjman vom indirekten Einverständnis der US-Regierung unterrichtet wurde. Zugleich kämpften rund 2.500 muslimische Freiwillige auf seiten der bosnischen Regierungsarmee. Weil die USA jedoch eine Bedrohung ihrer Ifor-Verbände durch die „heiligen Krieger“ befürchteten, wurde deren Abzug in den Dayton-Vereinbarungen festgeschrieben.

Seither drängen die USA mit geringem Erfolg auf einen Abbruch der Beziehungen zwischen Iran und Bosnien. Um den Weg für eigene Waffenlieferungen an die bosnische Armee freizumachen, erklärte die US-Regierung am 26. Juni 1996 offiziell, daß rund 2.000 Mudschaheddin das Land verlassen hätten oder aus der Armee und den Sicherheitskräften entlassen worden seien. Tatsächlich aber verblieben mindestens 200 islamische Kämpfer in den Dörfern Gornja Bocinja und Donja Bocinja am Berg Ozren, unweit von Zenica, sowie in den Dörfern um Travnik, Zavidovci und Kakanj.

Ihre Anwesenheit erklärte die bosnische Regierung damit, daß diese Männer aufgrund von Heirat zu Bosniern geworden seien und somit nicht ausgewiesen werden könnten. Die Mehrheit von ihnen soll iranischer Herkunft sein. Sie operieren teilweise als polizeiliche Schutzmacht der muslimischen Nationalpartei SDA. Ihnen wurden wiederholt Übergriffe gegen die Bevölkerung, Entführungen und Zwangsheiraten vorgeworfen. Noch am 21. Juni 1996 wurde die 15jährige Eldina Masinović entführt, um einen Mudschaheddin zu heiraten, der einen bosnischen Pass benötigte. Die Entführer wurden mit Hilfe der örtlichen Polizei festgenommen, aber schon wenige Tage später auf Geheiß des Polizeichefs der Region Zenica, Semsuddin Mehmedović, wieder auf freien Fuß gesetzt.

In Zenica heißt es, daß die islamischen Kämpfer vom Islamischen Zentrum kontrolliert werden. Offiziell als Hilfsorganisation registriert, soll dieses Zentrum eine zentrale Rolle bei der Ausrüstung und Finanzierung der 7. Muslimischen Brigade der bosnischen Armee gespielt haben. Das Zentrum bildet eine Fraktion in der SDA und setzt sich für einen muslimischen Mini-Staat in Bosnien ein, sollte Dayton scheitern. Ob die Entlassung von Cengić mehr ist, als eine symbolische Geste an die USA, muß sich noch erweisen. Georg Baltissen