Sekte nicht aushorchen

■ Scientology ist für Niedersachsens Geheimdienst kein Beobachtungsobjekt

Hannover (taz) – Der niedersächsische Verfassungschutz hält eine Beobachtung der Scientology-Organisation für rechtlich nicht zulässig. Eine neues Gutachten des niedersächsischen Geheimdienstes stuft die politische Sekte „Scientology Curch“ zwar als „totalitär strukturierte Organisation ein“, deren „Gesellschaftsbild der Sozialstaatsidee des Grundgesetzes, dem Rechtsstaats- sowie dem Demokratieprinzip widerspricht“.

Allerdings propagiert Scientology laut Gutachten „keine Konzepte zur Herrschaftsausübung, keine Konzepte zur Umsetzung eines Herrschaftmodells“. Den Aktivitäten der Scientologen, mit denen auf die Organisation fixierte und entpolitisierte Mitglieder gewonnen werden sollen, sprechen die niedersächsischen Verfassungsschützer nur „mittelbar eine politische Dimension“ zu. Deswegen ließen sich die Scientology- Aktivitäten nicht als politisch motivierte Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung klassifizieren, die allein eine Beobachtung der Verfassungsschutzämter rechtfertige.

„Der Scientology-Organisation fehlt es an der für eine Beobachtung notwendigen politischen Zielsetzung“, faßte Niedersachsen Innenminister Gerhard Glogowski (SPD) gestern denn auch den Befund seiner Geheimdienstler zusammen. Eine Beobachtung der Organisation durch den Verfassungsschutz, wie sie gegenwärtig in den Ländern Bayern, Baden- Württemberg und Nordrhein- Westfalen erwogen werden, berge „ein hohes rechtliches Risiko“. Nach Auffassung des Landesinnenministers fehlt auch für ein Verbot von Scientology nach dem Vereinsgesetz gegenwärtig die rechtliche Grundlage. „Die Folgen eines Verbots, das dann vor Gericht scheitert, wären politisch fatal“, warnte er. Falsch sei es auch, wie in Bayern, alle Bewerber für den öffentlichen Dienst auf ihre Mitgliedschaft bei der Scientology- Organisation hin zu überprüfen. Eine Beobachtung von Scientology hatte zuletzt auch der CDU- Bundesparteitag gefordert. Jürgen Voges