Drei Treuhand-Fälle für die ARD

■ Will die ARD überleben, muß sie sich im neuen Strukturkleid zeigen - die Kleinsender wehren sich

NDR-Intendant Jobst Plog wurde deutlich: „Ich habe keine Lust, die Treuhandanstalt für Radio Bremen zu machen.“ Das hatte auch niemand verlangt. Im Gegenteil: Wo immer Plogs Bremer Kollege Karl-Heinz Klostermeier auftritt, führt er das Überleben seines kleinen Senders im Wort. Der, so Klostermeier, wirtschafte nämlich viel billiger als der große NDR.

Dabei bezieht die Bremer Anstalt mehr als die Hälfte ihres Etats aus dem ARD-internen Finanzausgleich, und die auseinanderstrebenden ARD-Sender in den anderen Ländern haben längst zu verstehen gegeben, daß sie die Kleinsender nicht mehr alimentieren wollen. Ein Wunsch, den sie mit jenen Medienpolitikern teilen, die die Geldtöpfe der öffentlich- rechtlichen Sender gern klein bemessen möchten. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber erklärte Mitte Oktober auf den Münchner Medientagen den Finanzausgleich für obsolet. Und Klostermeier berichtete, SPD- Fraktionschef Scharping und NRW-Wirtschaftsminister Clement hätten sich längst bei ihm dafür entschuldigt, „daß der Saarländische Rundfunk und Radio Bremen leider wegmüßten“. Dieser Linie waren auch die Länderministerpräsidenten gefolgt: Im Jahr 1999, legten sie im neuen Rundfunkstaatsvertrag fest, wollen sie Ergebnisse der Strukturreform sehen. Zu Silvester 2000 sind dann die Papiere mit ihrer Bestandsgarantie für die Öffentlich-Rechtlichen kündbar. Auch der verschuldete Berliner SFB kann nur überleben, weil es den Ausgleichstopf gibt. Den 31.12.2000 dürften sich SR, RB und SFB im Kalender schon angekreuzt haben.

Der Ton wird härter in der ARD, der Druck aus der Politik zeigt Wirkung. Soweit konnte es nur kommen, weil die Einzelsender ihre Zukunftssorgen jahrelang verdrängt haben. Lieber zeigen sie auf die Kollegen: Die Großen auf die Kleinen, weil sie ein finanzieller Klotz am Bein sind, der Norden auf den Westen, weil seine Sparanstrengungen weitergediehen sind. Nachzuprüfen ist das kaum.

Ursache: Bei der Feststellung des Gebührenbedarfs der Sender durch die unabhängige Kommission KEF weigerten sich die Sender beharrlich, sogenannte Kennziffern zu akzeptieren, die Leistungen und Kosten der verschieden großen Häuser vergleichbar gemacht hätten. Die KEF zog daraufhin das Reformpotential von der Summe für die gesamte ARD ab und zwang die Sender, sich eben untereinander zu einigen.

Nun weiß kaum jemand, was eine Senderfusion wirklich bringt. Nur zwischen SWF und SDR wird ein solches Vorhaben derzeit in Angriff genommen. Das Konzept schweigt sich über Einsparungsvolumen jedoch völlig aus. Kein Wunder – nach den bisherigen Plänen soll über bestehende Strukturen lediglich ein gemeinsames Dach gestülpt werden.

Fein raus: der Osten. Die dortigen Anstalten schleppen keine Personal- und Pensionsberge hinter sich her. Beim Leipziger MDR wirtschaftet man am liebsten bei den Personalkosten rigide: MDR- Beschäftigte, so wurde eben bekannt, sollen nur die gekürzte Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erhalten. Von Leipzig aus streckt man wieder die Fühler nach Berlin aus, wo Regierungschef Diepgen nicht müde wird, einen „starken Hauptstadtsender“ zu fordern. ORB und SFB sind sich derweil einmal wieder spinnefeind: Die Politik wolle nicht, daß beide zueinanderkommen, verbreiteten die Intendanten letzte Woche.

Treuhand: Man erinnert sich an Betonköpfe, Parteischranzen in den Personaletats und Produktivitätsziffern von gestern. Dazu paßt das Argument des Saarländers Reinhard Klimmt, Chef der SPD- Medienkommission für den Erhalt von SR und RB: „Wir wären doch schön blöd, zwei der letzten Sender aufzugeben, in denen wir den Intendanten stellen.“ Lutz Meier