„Etwas für das Leben tun“

■ Moby über die Techno-Szene, Weltverbesserung und seinen Weg zum Glück

Nichts liebt der New Yorker Musiker Richard Hall mehr, als Publikumserwartungen eine Harke zu schlagen. Bereits Ende der siebziger Jahre begann der hagere, unscheinbare Veganer in der unmodischen Avantgarde-Rock-Band Ultra Vivid Scene. Mit der Twin- Peaks-Hymne „Go“ avancierte er unter dem Pseudonym Moby wenige Jahre später zur Galionsfigur der progressiven Techno-Szene, schillernd und einzigartig auch seines sozial-ökologischen Anspruchs wegen, der in den Essays seiner CD-Booklets immer wieder zutage tritt. Das kurze, einprägsame Fazit seines aufsehenerregenden 93er Albums: Everything Is Wrong. Erst im vergangenen Jahr spielte Moby im Vorprogramm der Red Hot Chili Peppers und remixte kürzlich Stücke für die Smashing Pumpkins und Metallica. Auch auf seinem eigenen neuen Album Animal Rights wütet sich Vorzeige-Christ und Auto-Gegner Moby mit brachialem Rock wieder in seine frühen Punk-Tage zurück.

taz: Deine Wendungen vom Punk zum Techno und nun wieder zurück kommen für Außenstehende jedesmal recht plötzlich.

Moby: Als sich die Rave-Bewegung gegen Mitte der achtziger Jahre formierte, dachte ich, sie hätte das Potential, auch politisch und sozial aktiv zu sein. Vor ein paar Jahren mußte ich allerdings einsehen, daß alles, worüber diese Leute sich Sorgen machen, Drogen und Kleidung sind. Ich habe einige wirklich wundervolle, tiefe Momente auf Raves oder in Clubs erlebt. Aber du bleibst einfach stehen, wenn du immer und immer wieder das gleiche machst. Du endest wie die Beach Boys.

In einem deiner CD-Booklets rätst du deinen Hörern nicht nur, sie würden die Welt verbessern, wenn sie ihre Autos verschrotten, wählen und viel lesen. Sie sollten u.a. „viel tanzen“ und „lange aufbleiben“. Macht das Sinn?

Die Welt ist nicht diese fremde, objektive Sache, sondern eine Summe von Individuen. Der Charakter der Welt wird definiert von den Menschen, die auf ihr leben. Wenn du also bis 5 Uhr am Morgen tanzt und das genießt, ist das für mich ein positiverer Beitrag zum Charakter der Welt, als wenn du zuhause bleibst, Fernsehen guckst und morgens wieder zur Arbeit gehst. Das Leben kann eine wundervolle Sache sein, aber man muß auch etwas dafür tun.

Was hast du dafür getan, um glücklich zu werden?

Als ich 19 war, schmiß ich die Schule und arbeitete in einer Fabrik, weil das die einzige Möglichkeit für mich war, Musik zu machen. Ich entschloß mich, lieber arm zu bleiben, zahlte 150 Mark Miete und erwartete nicht, irgendwann erfolgreich zu werden.

Heute bietet dir ein Auto-Konzern 150.000 Dollar für die Musik zu einem Werbespot.

Meine erste Antwort war natürlich: Nein! Dann überlegte ich, daß sie den Spot dann trotzdem machen und die Musik eines anderen nehmen werden. Also sagte ich zu. Das Geld wartet nun auf einem Konto darauf, für karitative Zwecke gestiftet zu werden.

Fragen: Timo Hoffmann

mit Think About Mutation: Fr, 8. November, 21 Uhr, Logo