Nur mit Erlaubnis nach Las Vegas?

■ Der Zocker-Trip von vier Abgeordneten soll – wieder mal – politische Folgen haben

Berlin (taz) – Wenn andere eine Reise tun, haben viele was zu reden. Eine Studienfahrt von vier Bundestagsabgeordneten aus CDU, SPD und FDP in die Spielhöllen von Las Vegas bietet dem Ältestenrat des Bundestags heute den aktuellen Anlaß zu der Frage, ob von Lobbyisten finanzierte Informationsreisen künftig anmeldepflichtig sein sollen.

Ganz neu ist das Thema allerdings nicht, denn bereits im Februar 1995 gerieten prominente Politiker, darunter die Berliner Heinrich Lummer, Dankwart Buwitt und der Europaparlamentarier Peter Kittelmann (alle CDU), in den Verdacht, privaten Spiel- und Lobbyistenleidenschaften nachzugehen.

Las-Vegas-Exkursionen dieser Art haben schon Tradition, bestätigte Heinz Warneke von der Informationsgemeinschaft Münzspiel (IMS), die die Abgeordneten zum Luxustrip in das amerikanische Entertainment-Mekka eingeladen hatte. „In den letzten sieben Jahren haben rund 100 Personen, überwiegend Journalisten, an unseren Informationsreisen teilgenommen, darunter 22 Abgeordnete des Bundestages“, sagte Warnecke. Ziel solcher Reisen sei es, auf die wirtschaftlichen Aspekte der Unterhaltungsindustrie aufmerksam zu machen. Unter anderem sei auch die Mutterfirma des Berliner Geräteherstellers Bally und Wulff besichtigt worden.

Das Argument der Arbeitsplatzsicherung haben die Abgeordneten offensichtlich verstanden. In einer Stellungnahme gegenüber ihrer Bundestagsfraktion sagte Margitta Terborg, Abgeordnete der SPD: „Ich weiß, daß 80.000 Arbeitsplätze an der Münzautomatenwirtschaft hängen. Und ich nehme lieber Einfluß auf die Weiterentwicklung, als heuchlerisch Anstoß zu nehmen.“ An der Reise hatte Terborg freilich in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Parlamentarischen Beirats der Automaten-Selbstkontrolle teilgenommen.

„Von diesem Beirat“, sagte der Bremer Psychologe und Glücksspielkritiker Gerhard Meyer, „würde ich gern erfahren, warum die Vereinbarung, Gewinnserien an Münzspielautomaten auf maximal 150 Sonderspiele zu begrenzen, seit einiger Zeit nicht mehr eingehalten wird.“ Die Neugier von Politikern, die Aspekte des Glücksspiels zu erkunden, mache meistens vor der Spielsucht halt, kritisiert Meyer. Bereits vor einem Jahr hatte sich der Bundesweite Arbeitskreis Glücksspielsucht (BAG) um Kontakte zu Las-Vegas-Reisenden des Bundestags bemüht – allerdings vergeblich. „Das Flair von Las Vegas haben wir natürlich nicht zu bieten“, glaubt Ilona Füchtenschnieder vom BAG.

Manchmal aber werden Zuwiderhandlungen gegen die politische Moral umgehend bestraft. Der Las-Vegas-Kenner Peter Kittelmann nahm kürzlich an einem Gaudirennen auf der Trabrennbahn Mariendorf in Berlin teil und wurde von seinem Pferd prompt aus dem wackligen Gefährt geworfen. Harry Nutt