Verdeckte Ermittlung

■ Bremer Dokumentarfilm zeigt Alles über die PKK

In der Türkei gilt sie als terroristisch, hierzulande ist die „Kurdische Arbeiterpartei“ PKK verboten. Unter zum Teil abenteuerlichen Bedingungen haben sich die beiden Bremer Autoren und Filmemacher Egmont R. Koch und Christoph Sodemann jetzt auf die Spuren der Organisation begeben. Herausgekommen ist eine Fernsehdokumentation, die unter dem Titel „Terror, Drogen und Parolen?“ am heutigen Freitag um 21.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt wird. Die taz sprach mit Christoph Sodemann.

taz: Seit November 1993 ist die umstrittene PKK in Deutschland verboten und arbeitet deshalb im Untergrund. Wie sind Sie an dieses heikle Thema herangegangen?

Christoph Sodemann: Ich habe seit 15 Jahren gute Kontakte zu Kurden aller Couleur und mich bewegt deren Schicksal. Aber es gibt zwei Ebenen zu diesem Thema: Zum einen werden die Menschenrechte der Kurden in der Türkei massiv verletzt und es gibt eine berechtigte kurdische Forderung nach mehr Autonomie. Dazu gehört auch, daß sich viele Kurden in Deutschland als PKK-Anhänger verstehen. Zum anderen wollten wir aufzeigen, wie diese Partei organisiert ist und was dran ist an den Vorwürfen gegen die PKK. In unserem Film versuchen wir, beide Ebenen darzustellen.

Was haben Sie über die Führung der PKK und deren Strukturen herausgefunden?

Zumindest in den engen Führungszirkeln ist sie in kriminelle Aktivitäten und in Drogengeschäfte verwickelt. Außerdem ist es eine Ein-Mann-Partei unter Abdullah Öçalan, die streng hierarchisch organisiert ist. Das bekamen wir auch bei den Dreharbeiten zu spüren. Unsere Interviewpartner mußten das, was sie sagen wollten, erst von oben absegnen lassen. Das sorgt nicht gerade für eine gute Atmosphäre unter diesen Leuten. Viele wollen innerhalb der PKK offener diskutieren, trauen sich aber nicht.

Unter welchen Bedingungen haben Sie sich mit PKK-Leuten getroffen?

Teilweise mußten wir verdeckt arbeiten, zum Beispiel, als wir den prominentesten PKK-Aussteiger Selim Cürükkaya getroffen haben. Cürükkaya war PKK-Chef für Norddeutschland. Er hat den diktatorischen Führungsstil Öçalans offen kritisiert. Seitdem ist er mehrfach bedroht worden und wechselt aus Angst vor Anschlägen seit zwei Jahren ständig seinen Aufenthaltsort innerhalb Deutschlands.

In der Türkei über die Kurdenfrage zu recherchieren war vermutlich auch nicht leicht?

Man kann nicht einfach auf der Straße drehen. Die Bilder vom Istanbuler Polizeihauptquartier, in dem ein abgeschobener Kurde gefoltert wurde, haben wir versteckt aus dem Auto heraus gefilmt. In Kurdistan selbst ist es fast unmöglich, frei zu drehen. Wir waren immer umringt von einer Schar Zivilpolizisten, die dafür sorgten, daß wir nicht zuviel Kontakt zur Bevölkerung bekamen. Von den Militärposten sind wir als deutsches Filmteam mit den übelsten Flüchen beschimpft worden. Unser türkischer Dolmetscher ist bedroht worden. Er hat, wie alle, die in dieser Region dolmetschen, eine dicke Akte beim Geheimdienst. Eines nachts wollte man ihn aus unserem Hotel heraus verhaften.

Sie haben die Geschichte eines PKK-Anhängers verfolgt, der in Bremen gedealt hat und abgeschoben wurde.

Ja, als Jugendlicher hat er sich hier in den Drogenhandel verstrickt. Er wurde verurteilt und hat seine Haft abgesessen. Er hat sich in Bremen im Mesopotamischen Kulturverein engagiert. Worüber übrigens auch die türkische Polizei bestens informiert war. Offenbar gibt es eine enge Kooperation zwischen deutschen und türkischen Sicherheitsbehörden. Einen Tag nach der Abschiebung hatten sie 50 Fotos aus Bremen parat. Unter schweren Mißhandlungen ist er zu den Leuten auf den Fotos befragt worden. Diese Behandlung politisch aktiver Kurden nach der Ausweisung ist kein Einzelfall.

Wie ist die PKK ins Drogengeschäft verwickelt?

Man kann nicht pauschal sagen, daß die PKK mit Drogen handelt. Eindeutig ist aber, daß sie über die Drogen-Wege und die Dealer bestens informiert ist, die mehr oder weniger freiwillig Geld an die PKK abgeben. Das geht zum Teil in die Zehntausende pro Dealer. Wir haben verfolgt, daß in Bremen viele Kurden, die aus der Stadt Bingöl kommen, mit Drogen handeln. Das heißt nicht, daß alle die aus Bingöl kommen, auch dealen. Aber wir fanden dort einen ungewöhnlichen Reichtum vor, der mindestens zum Teil aus Bremer Drogengeldern stammt. Davon profitieren auch die Kassierer der PKK.

Welches Fazit ziehen Sie aus Ihrem Film für den Umgang mit dealenden PKK-Anhängern in Bremen?

Man muß die verurteilen. Doch die PKK ist leider für viele der einzige Hoffnungsträger, weil sie der Gewalt eine Gegengewalt entgegensetzt.

Interview: Beate Hoffmann

„Terror, Drogen und Parolen?“ heute um 21.15 Uhr im ZDF