■ Mit der Müllmenge auf du und du
: Der Ofen ist aus

München (taz) – Die Müll- Lawine der achtziger Jahre ist zum Stillstand gekommen. In Bayern zum Beispiel geht die Menge des Restmülls kontinuierlich zurück: Mußten 1988 noch fast 5.000 Millionen Tonnen Restmüll deponiert oder verbrannt werden, waren es 1995 nur noch 3.000 Millionen Tonnen, mit weiter sinkender Tendenz. Offensichtlich macht sich bemerkbar, daß in vielen Haushalten Mülltrennung (und in manchen auch Müllvermeidung) zum Alltag gehört: „Der Bürger hat bewiesen, daß er zum Umsteuern bereit ist“, sagt Hubert Weinzierl, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND).

Dummerweise haben viele Landkreise in den achtziger Jahren beim Bau von Müllverbrennungsanlagen so geklotzt, daß ihnen jetzt der Stoff für die Öfen auszugehen droht. Bayernweit sieht die Bilanz zwar gerade noch ausgeglichen aus: Den 3.000 Tonnen Restmüll stehen Verbrennungskapazitäten von 3.000 Tonnen gegenüber.

Doch in einzelnen bayerischen Landkreisen zeigt sich ein anderes Bild. In Ingolstadt gab es in den achtziger Jahren noch einen Müllofen für 60.000 Tonnen Abfall jährlich. Kürzlich wurden zwei neue Öfen in Betrieb genommen, so daß die Kapazität auf das Dreifache gestiegen ist: 180.000 Tonnen. Genau gegenläufig entwickelte sich jedoch die Müllmenge in Ingolstadt und Umgebung, hat die Abfallexpertin des BUND, Erika Wachsmann, festgestellt: „Dort gab es Ende der achtziger Jahre ein Restmüllaufkommen von 210.000 Tonnen, jetzt ist das fast halbiert.“

Die Betreiber der nicht ausgelasteten Anlagen werden also ihre Müllgebühren häufig erhöhen müssen – für die Bürger eine ärgerliche Quittung für ihr umweltbewußtes Verhalten. Gleichzeitig hat das Gerangel um den kostbaren Restmüll begonnen. „Viele Betreiber der Verbrennungsanlagen versuchen, Verträge mit anderen Landkreisen zu schließen, um ihre Betriebe auszulasten“, sagt Wachsmann. Der Preis pro verbrannter Tonne Müll beginne schon zu sinken. Der BUND fordert deshalb, daß zumindest die drei geplanten bayerischen Verbrennungsanlagen nicht gebaut werden.

Angenehm ist diese Situation übrigens für jene Landkreise, die sich in den achtziger Jahren nicht um eigene Müllverbrennungsanlagen gekümmert haben und – wie Starnberg – ihre Abfalltransporter damals nach Mecklenburg-Vorpommern schickten. „Die können sich jetzt aussuchen, wo sie ihren Müll zu einem günstigen Preis loswerden“, sagt Erika Wachsmann. Felix Berth