Kreativität: Fehlanzeige

■ Die SPD blockiert sich beim Steuergesetz selbst

Ermattung macht sich breit – bei den Beobachtern wie auch den Hauptakteuren der politischen Bühne. Die einen können das immergleiche Aufeinanderherumgehacke nicht mehr hören, die anderen haben scheinbar selbst die Lust verloren. Bei der Debatte über das Jahressteuergesetz 1997 wurde gestern überwiegend die zweite Garde der Politiker in die Bütt geschickt.

Wieder mal ging es fast nur um eins: die Vermögenssteuer, die – wie lange bekannt – Ende des Jahres ausläuft. Da werden Emotionen künstlich hochgekocht. Die einen sprechen von schreiender Ungerechtigkeit und daß die Vermögensmillionäre auf Kosten der Kleinen Champagner trinken. Die anderen kontern mit der Neiddebatte. Ist die Vermögenssteuer nun verfassungswidrig? Ist Gutachter X seriös oder nur Gutachter Y? Kaum einer steigt durch, doch eins setzt sich fest: Die Fronten sind erstarrt. Kreative Politik findet nicht statt.

Die Opposition blockiert sich durch die Vermögenssteuer. Deutlicher als SPD-Fraktionschef Scharping kann man es nicht sagen: „Wir sind zu konstruktiver Mitarbeit bereit, wenn die Koalition auf die Vermögenssteuer verzichtet.“ Soll heißen: Zur Zeit macht die SPD keine konstruktive Politik. Sie verbeißt sich in ihre Forderung nach Erhalt der Vermögenssteuer und glaubt damit ihrer Oppositionsrolle zu genügen. Was wäre, wenn die Vermögenssteuer nicht für den Vorwurf der sozialen Unausgewogenheit der Regierungspolitik herhalten könnte? Müßte die SPD dann etwa konstruktive Vorschläge machen? Auch dafür hat sie eine Ausrede: „Wir wollen doch nicht die Arbeit der Regierung machen.“

Abgesehen davon, daß es oberstes Ziel aller Abgeordneten sein sollte, durch tatkräftige Unterstützung am Wohle des Landes mitzuarbeiten, würde das ganz nebenbei der eigenen Glaubwürdigkeit dienen. Immer mehr Leute sind das inhaltsleere Säbelrasseln leid, die Reduzierung von Politik auf peppige Sprüche, die in den 50-Sekunden-Beiträgen der Fernsehsender Platz finden. Wieso können für die Politik nicht Verhaltensregeln gelten wie im normalen Leben auch? Da heißt es im Betrieb, im Freundeskreis, in der Beziehung ganz selbstverständlich: „Mach einen besseren Vorschlag.“ Markus Franz

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